Wenn Promis Spenden sammeln

Es kommt auf die Glaubwürdigkeit an

Sänger Ed Sheeran mit einer Gitarre und Mikrofon in der Hand während eines Konzertes
Eine Studentenorganisation, die aus ihrer Sicht besonders misslungene Hilfs-Kampagnen für die Dritte Welt anprangert, hat Ed Sheeran dieses Jahr für ihren Anti-Preis nominiert. © imago/CordonPress
Von Fabian Elsäßer  · 11.12.2017
Wenn Prominente sich mit für eine guten Sache einsetzen, rückt das Interesse für das Anliegen selbst manchmal in den Hintergrund. Und wer sich mit Hilfsprojekten nicht auskennt, für den kann es richtig peinlich werden.
"That was one of the hardest things for me to see ..."

Popstar Ed Sheeran wirkt anrührend hilflos in diesem Spendenaufruf, wie er da am malerischen Strand von Liberia obdachlose Kinder besucht. Die norwegische Studentenorganisation, die den Radi-Aid-Award vergibt, findet es peinlich. Da werde nur das Stereotyp von armen Afrikanern bedient, denen heldenhafte Weiße zur Seite stehen müssen.
"Das ist das Problem gerade junger Stars, die sich unter Umständen von ihrem eigenen Management verführen lassen, irgendetwas Gutes zu tun und die sich in Entwicklungshilfe überhaupt nicht auskennen."
Sagt der Fundraising-Experte Christoph Müllerleile.
"Die werden dann wie Ed Sheeran nach Liberia mitgeschleppt, gucken sich mit großen Augen das Elend der obdachlosen Kinder an, setzen sich dann neben ein Kind und reden scheinbar mit ihm und schlagen am Schluss vor, die doch alle in Hotels unterzubringen. Da lacht natürlich jeder Entwicklungshelfer drüber und sagt, da hat er sich reinziehen lassen. Da gibt es viel Naivität aufseiten der Prominenten und das war ein ganz schlimmes Beispiel, muss ich sagen, nachdem ich das Video gesehen habe ..."

Aus tiefer Überzeugung für einen guten Zweck

Der gelernte Journalist Müllerleile ist Mitgründer des deutschen Spendenrats und berät seit rund 30 Jahren gemeinnützige Organisationen bei der Akquise von Geldern und Sachmitteln. Wenn Prominente sich für einen guten Zweck einsetzten, komme es vor allem auf die Glaubwürdigkeit an. Hilfsaktionen seien vor allem dann erfolgreich, wenn der Promi aus tiefster Überzeugung handele.
Archiv-Ausschnitt aus "Wetten dass" 1981:
"Ich wette, dass nicht einmal ein Drittel von Ihnen Zuschauern - und das sind geschätzt sechs oder sieben Millionen - diese eine Mark einbezahlen. Wenn ich diese Wette verliere, stell ich mich zur Verfügung, selbst unter Auslassung aller Organisationen nach Afrika zu fahren auf meine Kosten, und das würde bedeuten, dass wir mindestens ein Dreivierteljahr oder ein Jahr kein Kind Hungers sterben sehen. Und ich wünsche mir jetzt, dass ich diese Wette gegen Sie alle – verliere!"
Der Schauspieler Karlheinz Böhm ging diese Wette 1981 in der Fernsehsendung "Wetten dass" ein, um auf die Hungersnot in der Sahelzone aufmerksam zu machen. Obwohl er gewann – das Spendenziel also verfehlt wurde, reiste er im selben Jahr nach Äthiopien und gründete die bis heute erfolgreiche Stiftung "Menschen für Menschen". Die Afrikahilfe wurde sein Lebenswerk, die Schauspielerei gab Böhm auf.
Glaubwürdig wirkt es auch, wenn etwa eine bisexuelle Künstlerin wie Lady Gaga sich für die LGBT-Bewegung einsetzt oder der Fußballprofi Lukas Podolski mit einer eigenen Stiftung Sport- und Bildungsprojekte für benachteiligte Kinder fördert. Bei manchen Wohltätigkeitsprojekten bleibt aber unklar, wie hilfreich sie eigentlich sind.

Live-Aid-Konzert: Gelder versickert?

Das weltweite Live-Aid-Konzert aus dem Jahr 1985 zum Beispiel, das zeitgleich in den USA und Großbritannien mit immensem Star-Aufgebot stattfand, spielte zwar beträchtliche Spenden ein. Es gab aber auch Kritik: Gelder seien versickert, die Hilfe wirke nicht nachhaltig, die Ursachen für den Hunger würden nicht bekämpft.
Bob Geldorf diskutiert bei der Verleihung des Charlie Award 2014 im Rahmen des Campus Symposium Iserlohn
Bob Geldof als Referent bei der Verleihung des Charlie Award 2014 - ein Preis für Vorbilder der jungen Generation, ausgewählt von einer studentischen Jury.© Andreas Keuchel/dpa
Das sei ein grundsätzliches Problem, sagt Christoph Müllerleile:
"Wenn dann ein paar Bands kommen und meinen, sie könnten Afrika heil machen, oder ein Bill Gates mit seinen ganzen Milliarden meint, er könnte dort das Gesundheitssystem umkrempeln, dann ist das halt schlicht naiv."
Für sinnlos hält er Live-Aid trotzdem nicht: Millionen von Menschen seien dadurch überhaupt erst auf die Probleme in Afrika aufmerksam geworden.
Die Glaubwürdigkeit des Live-Aid-Initiators Bob Geldof und sein Image als geadelter Rock-Philanthrop hat inzwischen übrigens gehörig gelitten. Der "Daily Telegraph" berichtete 2008, dass Sir Bob sich einen Vortrag in Australien über weltweite Armut fürstlich bezahlt haben lasse: mit rund 100.000 australischen Dollar, Erste-Klasse-Flug inklusive.
Ebenso albern wirkte es, als Geldof darüber klagte, er habe Popsängerin Adele nicht für eines seiner Wohltätigkeitskonzerte gewinnen können. Zumal anschließend bekannt wurde, dass Adele großzügig für Oxfam spendet. Aber eben diskret damit umgeht.
Ed Sheeran wird das Skandälchen um seinen Spendenaufruf wohl überstehen. Die Verleihung des Antipreises "Radi-Aid" erreichte auf YouTube nur geringe Aufrufzahlen. Und der goldene Heizkörper ging dann ohnehin an eine Kampagne, an der Sheeran nicht beteiligt war.
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