"Weltgeschichte für junge Leserinnen"

Vergessene Heldinnen zum Leben erwecken

Leseratte auf dem Sofa.
Role Models für junge Leserinnen: Die Weltgeschichte ist voll von interessanten Frauen. © imago / Westend61
Ute Daenschel und Kerstin Lücker im Gespräch mit Andrea Gerk · 07.03.2017
Leonardo, Luther, Columbus - gut und schön. Doch die meisten Schulbücher verschweigen die ebenso bedeutenden Frauen in der Weltgeschichte. Ute Daenschel und Kerstin Lücker rücken die teils Unbekannten in ihrer "Weltgeschichte für junge Leserinnen" ins gebührende Licht.
Die Neuzeit begann nicht nur mit Leonardo und Luther, sondern auch mit Christine de Pizan und Isabella von Kastilien.Und mehr als 100 Jahre bevor Konrad Zuse den ersten funktionsfähigen Computer der Welt baute, läutete bereits die Engländerin Ada Lovelace das digitale Computerzeitalter ein: Sie schrieb nämlich das erste Computerprogramm.
Ada Lovelace, Programmier-Pionierin
Ada Lovelace, die Programmier-Pionierin, lebt im frühen 19. Jahrhundert.© imago/stock&people
Die meisten Schulbücher verschweigen das, Geschichte ist nach wie vor eine männerzentrierte Angelegenheit.
Die Autorinnen Kerstin Lücker und Ute Daenschel zeigen, dass es auch anders geht und haben gerade ihr erstes gemeinsames Buch veröffentlicht: "Weltgeschichte für junge Leserinnen".

Wer kennt Sitt-al-Mulk oder Malintzin?

Denn, meinen beide: Es ist höchste Zeit, die Weltgeschichte um vergessene Heldinnen zu ergänzen – und zwar jenseits der üblichen Klischees von der schönen Kleopatra oder der mutigen Jeanne D’Arc. Das Buch erzählt also von Frauen, die Geschichte machten und die trotzdem kaum jemand kennt: von Sitt-al-Mulk, die in den Wirren des Streits zwischen Schiiten und Sunniten das Amt des Kalifen von Kairo übernahm. Von Malintzin, ohne deren Hilfe die Spanier Mexiko nicht erobert hätten. Von Wu-Zetian, die als »chinesischer Kaiser« dazu beitrug, den Buddhismus in China zu verbreiten. Oder von jenen Frauen, die sich zu der Initiative "Women strike for peace" zusammenfanden und gegen den Vietnamkrieg demonstrierten - einige Jahre, bevor Studenten das Thema für sich entdeckten.
Das Gemälde "Le petit diner" zeigt die französische Frauenrechtlerin Olympe de Gouges (1748-1793) mit einer Freundin.
Das Gemälde "Le petit diner" zeigt die französische Frauenrechtlerin Olympe de Gouges (1748-1793) mit einer Freundin.© Imago

"Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit - und Schwesterlichkeit"

Lieblingsheldinnen habe sie nicht, sagt Kerstin Lücker. Doch hätten sie und Ute Daenschel bei ihren Recherchen viele Äußerungen von Persönlichkeiten gefunden, die sie begeistert hätten: "Sei es ein französischer Revolutionär, der sagt: Es gibt eigentlich keinen Grund, Frauen, nur weil sie schwanger sind, keine Bürgerrechte ausüben können sollen. Schließlich kriegen Männer auch Schnupfen oder haben die Gicht. Das ist natürlich wunderbar – und die Weltgeschichte ist voll von solchen Zitaten."
Ein Kriterium für die Auswahl der Frauen sei gewesen: "Wir haben uns gefragt, wie wir das verbinden können, auch die Weltgeschichte weiterzuerzählen. Dann stellt sich zum Beispiel eher die Frage: Warum heißt es nicht ‚Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – und Schwesterlichkeit", sagt Ute Daenschel. Und diese führe zu einer bestimmten Schwerpunktsetzung. "Zum Beispiel: Zur griechischen Demokratie gehört auch die Misogynie – also die Frauenfeindlichkeit – die wirklich extreme Frauenfeindlichkeit griechischer Philosophen. Und die hat eben auch bis heute fortgewirkt. Deshalb ist sie ja auch weltgeschichtlich interessant: Weil sie das Verhältnis zwischen Männern und Frauen bis heute gesprägt hat."
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