Was mir heilig ist

"Eine Schöpfung von kaum zu begreifender Schönheit"

Der Schriftsteller Christoph Hein auf der Leipziger Buchmesse 2016
Der Schriftsteller Christoph Hein auf der Leipziger Buchmesse 2016 © dpa / picture alliance / Jens Kalaene
Von Christoph Hein · 24.12.2017
Die See ist ein hinreißendes Schauspiel für den Schriftsteller Christoph Hein. Wir haben ihn gefragt, was ihm heilig ist. Er liebt auch Berge, Wälder, Tiere, Landschaften − und kritisiert, dass die Menschheit sich ständig an der Natur versündige.
"Was mir heilig ist − da würde ich dann doch zu dem alten Text, zu dem alten Buch, zu der Bibel zurückgehen: Es ist die Schöpfung. Und das meine ich jetzt nicht im kirchlichen und nicht im Sinne eines Gläubigen, sondern einfach was das Geschaffene ist, die Natur. Und wir versündigen uns ständig an ihr und dieses Versündigen könnte unseren Tod bewirken.
In dem unendlichen Weltall wird es wahrscheinlich mehrere Sterne geben, wo es Leben gibt oder gegeben hat. Und das wieder erloschen ist. Vermutlich wird das auch auf unserer Erde irgendwann mal erlöschen. Aber solange wir diese Schöpfung haben, solange wir diesen Kreislauf der Natur und diese Veränderung der Natur haben, sollten wir begreifen, dass das etwas Heiliges ist. Etwas, was uns hilft, was uns ermöglicht, hier zu existieren. Und es ist eine Schöpfung von einer kaum zu begreifenden Schönheit.
Ich denke, es geht uns allen so, dass wir immer wieder von irgendwelchen Naturgegenden völlig ergriffen sind. Ob das die Berge sind oder das Meer, ob es die Wälder sind oder wenn wir Tiere, frei lebende Tiere erleben. Das berührt uns, glaube ich, alle zutiefst. Ich bin eigentlich jedes Jahr an der See, Ostsee oder Nordsee, das ist ein hinreißendes Schauspiel, das zu erleben. Aber es sind eben auch jetzt hier die Landschaften Sachsens, Sachsen-Anhalts, Brandenburgs, diese Wälder, allein die Umgebung von Berlin, das finde ich ganz grandios und bewundernswert."

Wälder und Seen sind eine Kostbarkeit

"Ich kenne keine europäische Hauptstadt, die eine derart schöne, waldreiche und seenreiche Umgebung hat wie Berlin. Das ist eine große Kostbarkeit. Ich persönlich fürchte, dass wir zu spät reagiert haben und dass wir noch immer zu spät und unlustig reagieren. Im Sommer des Jahres hatte Obama versucht, diese CO2-Werte in den USA zu reduzieren und es gab einen Riesenaufstand, weil das, was möglicherweise die Menschheit und Welt rettet, kostet 10.000 Arbeitsplätze. Und wir sind halt nicht bereit, Veränderungen hinzunehmen, die uns Geld kosten.
Also eigentlich wollen wir doch jedes Jahr etwas besser leben als im Vorjahr. Wir tun immer noch so, als seien die Schätze der Welt unendlich. Und die Welt ist endlich, auch die Schätze sind endlich. Wir werden eines Tages alles ausgebeutet haben. Wir haben dann immer noch die Hoffnung, dass es, weil es doch immer gut gegangen ist, dass wir es dann auch noch schaffen werden. Aber das muss nicht sein. Eine Sache, die immer wieder gut ging, das ist keine Garantie, dass das in alle Ewigkeit so festgeschrieben ist.
Es kann durchaus sein − und dann werden wir selber die Schuldigen sein − dass wir diese Erde vernichten. In dem Moment, wo eine Kostbarkeit gefährdet ist, begreift man erst richtig ihre Bedeutung."
(O-Ton-Collage: Georg Gruber)
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