Warnung vor einer muslimischen Weltverschwörung

24.05.2007
In seinem neuen Buch beschreibt der Orientalist Hans-Peter Raddatz nicht nur das Phänomen des islamischen Antisemitismus’. Der umstrittene Autor warnt vor einer Weltverschwörung und behauptet, Europa sei schon seit langem von Muslimen unterwandert.
Spätestens seit dem Anschlag auf das World Trade Center in New York ist eine gesellschaftliche Debatte über den Umgang westlich-säkularer Gesellschaften mit dem Islam entstanden. Empörte muslimische Reaktionen auf Mohammed- Karikaturen in einer dänischen Zeitung, aber auch unlängst eine Frankfurter Richterin, die in ihrem Urteil Verständnis für Gewalt gegen muslimische Frauen zu erkennen gab, machen deutlich, dass der Dialog der Kulturen, das Konzept des Multikulturellen, seine Grenzen hat.

Hans-Peter Raddatz, promovierter Orientalist, vertritt die Ansicht, dass der bislang geführte Dialog "kollektiver Betrug" sei. Er behauptet, dass der Westen vom Islam längst planmäßig unterwandert wird - mithilfe "terrorphiler Eurokraten". Damit meint der Autor Organisationen wie die EU und insbesondere Briten, Franzosen und Deutsche - die sich seiner Meinung nach mit anti-israelischer Politik hervortun.

In seinem neuen Buch "Allah und die Juden. Die islamische Renaissance des Antisemitismus" erweist sich der umstrittene, in der Vergangenheit vorwiegend als Volkswirt tätige Islamkritiker auch als wütender Kulturkritiker. Er beklagt "freiwillige Unterwerfung" unter den Islam, attestiert dem Westen Kontrollverlust, Dekadenz und Wirklichkeitsverdrängung. Diese Kulturkritik ist Kern des Buches und nicht - wie es der Titel suggeriert - das Verhältnis von Islam und Antisemitismus.

Zwar stellt Raddatz dieses Verhältnis dar, doch benutzt er die religionsgeschichtlichen Ausführungen, um seine politische Sichtweise der Gegenwart zu untermauern. Raddatz sieht eine muslimische Weltverschwörung - deren Aufdeckung "Brüsseler Antisemiten" sowie das "rechts-grün-faschistische" und das "links-grün-antifaschistische Spektrum" in Deutschland verhindern.

"Muftismus" nennt er diese "aktuelle Variante des aggressiven, anti-israelischen Islamozentrismus". Er macht ihn in europäischer "Sympathie-Politik gegenüber dem Islamterror" aus. "Ein Heer von gleichgeschalteten Floskelproduzenten" verhindere die Erkenntnis, dass Gewaltbereitschaft und Antisemitismus dem Islam von Beginn an eingeschrieben seien. Antisemitisch verhalte sich, wer Judentum, das "Unikat der Menschheitskultur", ablehne, attackierte oder vernichten wolle. Das sei ausdrückliches Ziel des Islam und werde von den Europäern finanziell sowie ideologisch aufgrund eigener antisemitischer Tradition gefördert. "Antisemitismus scheidet den Menschen vom Unmenschen", proklamiert der Autor. Der logische Schluss - und für seine Argumentation bestimmend: Muslime sind Unmenschen. Vom Koran verpflichtet, zu lügen, zu betrügen und zu morden, um ihren Machtbereich zu erweitern

Hans-Peter Raddatz vermittelt ein hermetisches Weltbild. So eingerichtet, dass es sich fortlaufend selbst bestätigt. Der Autor verwendet Zitate jenseits ihres historischen Kontextes und ausschließlich Fakten, die in sein Argumentationskonzept passen. Eindringlichkeit verwechselt er mit verbaler Kraftmeierei, Souveränität mit Arroganz. Wer den Islam nicht als Bedrohung begreift, wird als behindert von ihm abqualifiziert, "... weil ihm in einer ödipal defekten Kindheitsentwicklung die Hirnstruktur nicht zugewachsen ist..."

Man kann dem Autor sicherlich eine gute Portion Paranoia, aber auch die Fähigkeit nachsagen, Indizien für eine Verschwörung des Westens gegen sich selbst zu entdecken. Würde er seine Erkenntnisse nicht als einzig zulässige Lesart der Menschheitsgeschichte seit Moses ausgeben, wären sie streckenweise durchaus anregend und tieferer Betrachtung wert.

Rezensiert von Carsten Hueck

Hans-Peter Raddatz: Allah und die Juden. Die islamische Renaissance des Antisemitismus
wjs Verlag, Berlin 2007
352 Seiten. 24,90 Euro