Wahlkampf #btw17

Wie man Stimmungen in Kreuze verwandelt

08:12 Minuten
Wahlplakate verschiedener Parteien zur Bundestagswahl in Berlin-Prenzlauer Berg, stehen auf einer Wiese.
Wahlplakate verschiedener Parteien zur Bundestagswahl in Berlin-Prenzlauer Berg. © imago / Seeliger
Martin Fuchs im Gespräch mit Ute Welty · 25.08.2017
Audio herunterladen
Langeweile nur auf den ersten Blick: Für Taktikfreunde hat der Bundeswahlkampf durchaus etwas zu bieten, denn es gilt, in einer ausdifferenzierten Gesellschaft gezielt Gruppen anzusprechen - online wie offline. Der Politikberater Martin Fuchs erklärt, wie.
Ein Wahlkampf, in dem der größte Aufreger bisher Jens Spahns öffentliche Kritik an englischsprechenden Hipstern in der Hauptstadt ist und ansonsten auf den Plakaten gepflegte Langweile transportiert wird - das spricht nicht unbedingt für das strategische Geschick der Parteien. Oder doch? Der Politikberater und Wahlkampfexperte Martin Fuchs erklärt, was es mit den Manövern der Parteien auf sich hat und wie diese damit Stimmungen in Stimmen verwandeln wollen.

Eine Botschaft muss siebenmal gesehen werden

Zum Beispiel die Straßenplakate: Eine politische Botschaft transportieren nur die wenigsten von ihnen. Sollen sie auch gar nicht, so Martin Fuchs im Deutschlandfunk Kultur. Sondern sie sollen vor allem die bereits Parteigebundenen an die Wahl erinnern und zur Wahl motivieren. "Es gibt so Werbewirkungsforschung, wenn man siebenmal etwas gesehen hat, dass es dann auch im Unterbewusstsein verankert ist. Und da ist es dann ziemlich egal, was da drauf steht: Da steht SPD drauf und da steht ein Name drauf und dann weiß ich, ok, das ist mein Kandidat, der ist verankert im Kopf."
CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn
Stört sich an "elitären" Hipstern in der Hauptstadt: CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn © Imago
Oder die Zielgruppenorientierung: Parteien müssen ihre Botschaften auf spezielle Zielgruppen zuschneiden. So geschehen etwa bei Jens Spahn und seiner Hipster-Kritik.
"Der hat glaube ich ganz genau identifiziert, wen er da erreichen möchte, mobilisieren möchte: den urkonservativen CDU-Wähler, wo der Verdacht da ist bei weiten Teilen in der CDU, dass der nicht mehr quasi an die CDU gebunden ist", sagt Fuchs. "Das ist der vielleicht 50-jährige Schwabe, der mal nach Berlin fährt und dann auch das Gefühl hat, dass diese Hauptstadt nicht mehr ihm gehört, wenn er da einen Kaffee trinkt und vielleicht auch dem Münsterländer, der Region, aus der Jens Spahn kommt, und dem wird mit so einer Aussage der Bauch gepinselt."
Um die jungen Urbanen, die dadurch vor den Kopf gestoßen werden könnten, könnten sich dann zum einen andere kümmern, zum Beispiel Angela Merkel. "Und zum Zweiten weiß die CDU auch, dass die jungen Leute in den Großstädten keine CDU-Wähler sind."
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
In ihrer Kampagne zur Bundestagswahl wenden sich die Grünen gezielt an potenzielle Briefwähler.© picture alliance / Peter Endig/dpa-Zentralbild/ZB
Einen besonderen Fall stellen auch die inzwischen etwa 30 Prozent Briefwähler dar, die zum Beispiel auf den Wahlplakaten der Grünen explizit angesprochen werden: "Es gibt einen Schwerpunkt gerade auf Briefwahlkampf, weil man auch weiß, dass 30 Prozent der Menschen zur Bundestagswahl Briefwahl machen werden. Das heißt, die kann man nicht erst in den letzten ein, zwei Wochen nochmal mit einem Top-Thema überzeugen. Die muss man jetzt bekommen."
(uko/gem)
Mehr zum Thema