Wahlcomputer vor Gericht

28.10.2008
Das Bundesverfassungsgericht beginnt heute mit der Prüfung, ob der Einsatz von Wahlcomputer bei Bundes-, Landtags- oder Kommunalwahlen in Deutschland verfassungsgemäß ist.
Das Bundesverfassungsgericht beginnt heute mit der Prüfung, ob der Einsatz von Wahlcomputer bei Bundes-, Landtags- oder Kommunalwahlen in Deutschland verfassungsgemäß ist.
Bei der Bundestagswahl 2005 kamen in 39 deutschen Wahlkreisen Computer statt Papierstimmzettel zum Einsatz. Doch dieser Einsatz ist umstritten. Zwei Kläger legten gegen diese Praxis Verfassungsbeschwerde ein, denn es sei dabei nicht gewährleistet, dass die Wahl geheim und das Ergebnis öffentlich nachvollziehbar sei.
Die Kläger sehen das Prinzip der Öffentlichkeit von Wahlen bedroht. Die abgegebenen Stimmen werden im Stimmenspeicher des Computers gespeichert. Der Speicher wird nach der Wahl ausgelesen und eine öffentliche, manuelle Auszählung der Stimmen findet so nicht mehr statt. Außerdem betrachten die Kläger das Prinzip der geheimen Wahl als nicht gewährleistet, da bei einem Stimmenspeicher nicht nachvollziehbar ist, ob die Stimmen gezählt und unverändert registriert werden.
Ulrich Karpen, Staatsrechtler aus Hamburg, der die Kläger vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe vertritt, argumentiert, Öffentlichkeit, Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Kontrollierbarkeit des gesamten Wahlvorganges sei ein selbstverständlicher Bestandteil von Demokratie und Rechtsstaat. Da Wahlcomputer nicht fälschungssicher sind, habe nicht jeder Bürger die Möglichkeit, den Wahlvorgang in jedem Schritt nachzuvollziehen und zu kontrollieren.
Außerdem kritisiert Karpen, dass das Bundesinnenministerium nicht bereit ist, die Software der Maschinen von unabhängigen Computerexperten prüfen zu lassen. Das verstoße gegen das Betriebsgeheimnis der Herstellerfirma, hieß es.
Max Stadler, Innenexperte der FDP, sagte im Deutschlandfunk, er sei gegen einen weiteren Einsatz der Maschinen. Die Bürger hätten kein Vertrauen in die Technik, es gäbe bedenken vor der Manipulation von Wahlen. Innenministerium und Bundestag sollten daher unabhängig vom Ausgang des Karlsruher Verfahrens auf den Einsatz von Wahlcomputern verzichten.
In Deutschland kamen Wahlcomputer bei den Bundestagswahlen 2002 und 2005 zum Einsatz, bei der Europawahl 1999 und bei Landtags- und Kommunalwahlen. Beobachter des Chaos Computer Clubs (CCC) registrierten dabei diverse Probleme und Unregelmäßigkeiten. Sie berichteten von Problemen beim Aufbau und Betrieb der Systeme. Auch die Stimmauszählung sei nicht reibungslos verlaufen. Zudem hätten Wähler bei der Stimmabgabe unterstützt werden müssen und die Wahlhelfer Hilfe bei der komplexen Benutzerführung und bei Technikausfällen gebraucht. Zudem bemängelt der CCC mangelnde Sicherheit: "Von der Lagerung über Nacht in ungesichterten Hinterzimmern, über fehlende Versiegelungen bis hin zu unbeaufsichtigtem Transport der Speichermodule mit den elektronischen Wahlergebnisse boten sich Möglichkeiten zur Manipulation zuhauf", schreibt der CCC in seinem Beobachterbericht.
In den Elektronischen Welten berichtet Deutschlandradio Kultur über ein neues Stimmabgabeverfahren in Florida bei den Präsidentschaftswahlen am 4. November. Dort war es bei den Wahlen im Jahr 2000 zu massiven Problemen bei der maschinellen Stimmauszählung gekommen.