Vorurteile im Film

Wie Hollywood das Bild von Muslimen prägt

Eine Filmszene aus "Jäger des verlorenen Schatzes" mit Harrison Ford als Indiana Jones.
Nicht nur in der Blockbuster-Serie "Indiana Jones" kommt der Gegner oft aus der islamischen Welt. © imago stock&people
Von Wolfgang Stuflesser · 06.02.2017
Wie Muslime in den USA wahrgenommen werden, hängt wesentlich davon ab, wie sie in amerikanischen Filmen und Serien dargestellt werden, meint Filmproduzent Reza Aslan. Denn bisher dominiert hier das Bild des kriminellen Muslims.
Eigentlich ist "Zurück in die Zukunft” von 1985 ein Film über Zeitreisen. Doch die verwendete Zeitmaschine zieht die dafür nötige Energie aus Plutonium - und das ergaunert sich der Wissenschaftler Doc Brown von einer Gruppe libyscher Terroristen. Dumm nur, als die ihn dann doch noch finden.
Palästinensertuch auf dem Kopf, Maschinengewehr im Anschlag, dazu ein paar Brocken Arabisch - fertig ist der typische Muslim im Hollywood-Film.
Ob "Indiana Jones" oder "Black Hawk Down” im Kino, ob "24" oder "Homeland" im Fernsehen: Mit dem Muslim als Bösewicht habe die amerikanische Filmwirtschaft das Bild dieser Religion in den USA geprägt, sagt Reza Aslan, selbst Muslim, Religionswissenschaftler, Autor und Filmproduzent, im Interview mit dem Radiosender KPCC.
Allerdings stellen Muslime nur einen Anteil von einem bis anderthalb Prozent an der US-Bevölkerung. Das heißt, es gibt zahlreiche Amerikaner, die Muslime nicht im echten Leben, sondern nur aus Film und Fernsehen kennen. Umso wichtiger ist die Art, wie Muslime dort dargestellt werden, sagt Aslan.
"Wenn die Leute ihre Einstellung zu einer Minderheit nur dann ändern, wenn sie einen Vertreter dieser Minderheit kennen lernen und persönlich erleben - dann ist für uns Muslime Hollywood die einzige Chance.”

Es fehlt an Drehbuchautoren, die sich auskennen

Und tatsächlich gibt es inzwischen auch einige Studios und Sender, die sich um ein differenzierteres Bild bemühen. Der Streamingdienst Netflix hat zum Beispiel voriges Jahr "Master of None” produziert, eine Sitcom von und mit dem aus Indien stammenden, muslimischen Komiker Aziz Ansari.
Reza Aslan hat als Produzent seine Erfahrungen gemacht, von Studiobossen und Programmchefs die nötigen Gelder für solche und ähnliche Produktionen zu bekommen.
"Seit zehn Jahren treffe ich mich mit Hollywood-Managern und schlage ihnen Sendungskonzepte vor. Bis vor einem Jahr wurde mir oft die Tür vor der Nase zugeschlagen. Aber jetzt auf einmal wollen alle diese Geschichten hören. Die Studiobosse sagen mir: Wir wollen die Projekte umsetzen, aber wir wissen nicht, wie wir eine solche Geschichte erzählen sollen.”
Dazu passt, dass zum Beispiel der Netflix-Chef Reed Hastings sich sehr klar gegen Präsident Trump und dessen Haltung zu Muslimen ausgesprochen hat. Den "Muslim Ban”, den zeitweisen Einwanderungsstopp für die Bürger von sieben muslimischen Ländern, bezeichnete Hastings bei Facebook als "so unamerikanisch, dass er allen bei Netflix weh tut”. Wenn Stoffe über Muslime im Film und im Fernsehen umgesetzt werden sollen, fehlt es bislang aber oft noch an Drehbuchautoren und Regisseuren, die sich damit auskennen.
"Meine Eltern stellten mich vor die Wahl: Ich konnte entweder Arzt oder Ingenieur werden. Wenn jemand Schauspieler oder Drehbuchautor werden will, sagten die Eltern früher: Mach’ das nebenher, aber werde trotzdem Arzt. Inzwischen aber gibt es eine ganze Generation von Einwandererkindern, die sich anders entscheiden: Sie wollen kreativ sein - als Produzenten, Autoren oder Regisseure. Ich glaube, wir werden eine grundlegende Veränderung sehen, wie diese Geschichten erzählt werden.”

Mitgefühl hat eine enorme Macht

So haben sich zum Beispiel dieses Jahr beim Sundance-Filmfestival die großen Verleiher einen regelrechten Bieterstreit um die Komödie "The Big Sick" geliefert. Das Drehbuch haben der Standup-Comedian und Schauspieler Kumail Nanjiani und seine Frau Emily V. Gordon zusammen geschrieben. Nanjiani kennen manche vielleicht aus der Serie "Silicon Valley”, da spielt er den Programmierer Dinesh aus Pakistan, sozusagen den typischen, man kann auch sagen stereotypischen asiatischen Nerd.
"The Big Sick" basiert auf der wahren Geschichte, wie Nanjiani und Gordon sich kennen gelernt haben - zunächst sehr zum Missfallen von Nanjianis muslimischer Familie. Es ist aber kein Problemfilm, sondern eine romantische Komödie. Solche Filme, meint Reza Aslan, seien wichtiger als die Art und Weise, wie zum Beispiel Nachrichtensendungen über Muslime berichten.
"Ich habe viel Zeit damit verbracht, als Experte in Nachrichtensendungen aufzutreten. Das war nutzlos - da werden nur die verschiedenen Standpunkte abgebildet, und am Ende hatte ich meist das Gefühl, niemanden überzeugt zu haben. Ich glaube inzwischen, die einzige Art, die Haltung der Leute zu verändern, läuft nicht über Information, sondern über zwischenmenschliche Beziehungen. Wenn die Zuschauer Mitgefühl mit einer fiktionalen Figur empfinden, hat das eine enorme Macht. Wir sollten es uns als unsere Pflicht sehen, diese Macht für das Gute zu nutzen. Es ist höchste Zeit, dass wir sie wirklich ernst nehmen.”
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