Vor der Bundestagswahl

Kleine Parteien - legitim und gut für die Demokratie

Konstituierende Sitzung einer Stadtverordnetenversammlung - mit dabei viele Vertreter kleiner Parteien
Konstituierende Sitzung einer Stadtverordnetenversammlung - mit dabei viele Vertreter kleiner Parteien © imago stock&people / Michael Schick
Moderation: Nicole Dittmer und Julius Stucke · 22.09.2017
Ein großes Lob auf die Parteienvielfalt und die Arbeit der kleinen Parteien hält der Parteienforscher Ulrich von Alemann. Er widerspricht dem Vorwurf: Wer eine kleine Partei wählt, die nicht die 5-Prozent-Hürde schafft, stärkt größere radikale Parteien.
Nicht-wählen zu gehen, ist keine gute Idee für die Demokratie. Und das Argument, man finde nichts, dem man sich anschließen könne, zieht eigentlich auch nicht so richtig, denn sehr viele Parteien treten an und setzen ganz unterschiedliche Schwerpunkte - vor allem unter den Kleinsten Parteien und Gruppierungen, die zur Wahl stehen. Der Parteienforscher Ulrich von Alemann würdigt im Deutschlandfunk Kultur die besondere Bandbreite: "Es gibt bei den kleinen Parteien ganz unterschiedliche Typen von Partei. Es gibt also bierernste, eher sektenähnliche Parteien. Es gibt ideologisch, verbissene Parteien, wie die marxistisch-leninistische Partei Deutschlands, die überall auch auf den Straßen plakatiert, denn sie hat einen sehr reichen Spender. Und es gibt Spaßparteien: Die Hiphoppartei oder Die Partei, eine satirische Partei. Alemann nennt diese Vielfalt "das Salz in der Suppe".

Der lange Weg über die Arbeit als Ehrenamtlicher

Der Parteienforscher widerspricht dem Vorwurf, die kleinen Parteien sollten nicht gewählt werden, weil man damit seine Stimme wegwerfe: "Es sind aus kleineren Parteien auch schon größere Parteien geworden, wie zum Beispiel jüngst die Piratenpartei, die es immerhin in einige Landtage - sogar im großen Bundesland Nordrhein-Westfalen - geschafft hat."
Alemann betont, dass sich sehr viele dieser Kleinparteien quasi hocharbeiten und nicht einfach ganz plötzlich erscheinen: "Viele dieser Parteien fangen eben in der Kommunalpolitik an und dort sind sie dann zunächst Ehrenamtliche. Auch in den großen Parteien arbeiteten in diesen Vertretungen zunächst Ehrenamtliche." Und hier unterschieden sich die Politiker zunächst gar nicht so sehr voneinander. Sehr viele Politiker der kleinen Parteien hätten zunächst bei den großen Parteien angefangen und dann später mit Gleichgesinnten ihre eigene Partei gegründet. Die Parteigründung sei hier in Deutschland auch sehr einfach. "Man braucht ein paar hundert Unterschriften, wenn man eine Landesliste für die Bundestagswahl einreicht."

Viele kleine Parteien statt ein Kartell der Großen

Dem Argument, mit der Wahl dieser sogenannten Kleinstparteien, die ohne Chance sind, über die 5-Prozent-Hürde zu kommen, stärke man etwa auch Parteien wie die AfD, entgegnet Alemann: "Ob die Kleinsparteien nun ein Prozent mehr oder weniger bekommen, wird - zum Beispiel die AfD - nur wenig berühren, denn dieses eine Prozent mehr oder weniger geht ja nicht einfach von der AfD ab. Das muss man ganz kompliziert mit dem gesamten Wahlergebnis verrechnen." Die kleinen oder großen Bruchteile an Stimmen durch das Verrechnen der Anteile der kleinen Parteien könnten kaum darüber entscheiden, ob die eine oder andere große Partei dann später besonders stark werde. "Ich glaube, dieser Hebel, den man damit hat, indem man eine dieser Kleinstparteien wählt, wird übertrieben", sagte Alemann .
Grundsätzlich gelte: Wer eine Partei gründe und mit ihr zur Wahl antrete, zeige, dass er das politische System ernst nehme. "Das finde ich völlig legitim für eine Demokratie, die nicht ein Parteienkartell haben will."
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