Vor 80 Jahren erschien Oskar Fischingers "An Optical Poem"

Der Erfinder des Musikvideos

Der Filmemacher und Pionier des abstrakten Films, Oskar Fischinger, mit Vorlagen zu "Tönende Ornamente". Der Film erschien 1932.
Der Filmemacher und Pionier des abstrakten Films, Oskar Fischinger, mit Vorlagen zu "Tönende Ornamente". Der Film erschien 1932. © Deutsches Filminstitut
Rolf Giesen im Gespräch mit Max Oppel · 07.03.2018
Der vor 80 Jahren veröffentlichte Film "An Optical Poem" von Oskar Fischinger kann als eines der erste Musikvideos gelten. Der 1900 geborene Maler, Ingenieur und Orgelbauer hatte als erster die Idee, "abstrakte Formen, Farben und Musik zusammenzubringen", sagt Filmwissenschaftler Rolf Giesen.
Geometrische Formen tanzen zu Franz Liszts Ungarischer Rhapsodie. Bunte Dreiecke, Kreise, Rechtecke, die aus einem Gemälde Wassily Kandinskys zu stammen scheinen: Sie tauchen auf, verschwinden, schweben zu Streicherklängen vorbei. Oskar Fischingers vor 80 Jahren beim Hollywood-Studio Metro-Goldwyn-Mayer veröffentlichter Film "An Optical Poem" kann als eines der erste Musikvideos gelten, als Meilenstein in der Filmgeschichte.
Der 1900 in der Nähe von Frankfurt geborene Orgelbauer, Ingenieur und Maler hatte als einer der ersten die Idee, "Töne und Bilder in bewegter Form" zusammenzubringen, sagt der Filmwissenschaftler Rolf Giesen. Und sei von daher der "Erfinder des Musikvideos".
Bereits in der Zeit während des Ersten Weltkriegs hätten Fischinger und einige Kollegen "die Philosophie" entwickelt, "dass animierte Bilder und Töne zusammengehören, dass Musik den Rhythmus einer Bewegung und eines Films bestimmt".
Film war zu der damaligen Zeit noch ein sehr neues Medium, erst recht der Tonfilm. Als eines der ersten Experimente habe Fischinger damals eine Wachsschneidemaschine konstruiert, erzählt Giesen. Den Querschnitt der Wachsformen habe man animieren können. "Und plötzlich konnte man so wabernde Formen auf Film bannen."

"So etwas hatten die Leute bisher nicht gesehen"

Seine Kunst und seine Experimente habe Fischinger sich durch die Entwicklung von optischen Effekten für Spielfilme finanziert, sowie Aufträge der Werbeindustrie. Beispielsweise einem Werbespot aus den 30ern, in dem Zigaretten ein Tänzchen hinlegen, aufgenommen als Stopp-Motion, Bild für Bild, in wochenlanger Arbeit. "So etwas hatten die Leute in Farbe bisher nicht gesehen. Es gab viele in Berlin, die sind nur dieses Werbefilms wegen ins Kino gegangen. Der Spielfilm, der danach lief, interessierte sie gar nicht. Diese animierten Filme hatten eine solche innovative Kraft, dass es quasi wie ein Funke auf das Publikum übersprang."

Ein "totaler Außenseiter" in Hollywood

1936 emigrierte Fischinger in die USA, suchte bei den großen Hollywood-Studios Arbeit. Für Walt Disney entwarf er die Verfilmung der Toccata und Fuge d-Moll von Johann Sebastian Bach, die im Animationsfilm Fantasia zu sehen ist. Doch die Zusammenarbeit gestaltete sich schwierig. Disney ersetzte Abstraktes durch Gegenständliches, wollte so das Massenpublikum erreichen. Nun waberten Geigenbögen oder Musikinstrumente über die Leinwand. Fischinger sei sehr enttäuscht gewesen, sagt Filmwissenschaftler Giesen. "Und damit war er in Hollywood ein totaler Außenseiter geworden."
Schließlich sagte sich Fischinger ganz vom Film los, malte nur noch. "Allerdings ist eine seiner Experimente, eine Lichtorgel, tatsächlich noch in einem Science-Fiction-Film zu sehen.", in dem Film "The Time Travellers" aus dem Jahr 1964, der drei Jahre vor Fischingers Tod erschien. Auf der Orgel konnte der Spieler anstelle von Tönen, Farben und Formen erzeugen. Eine der faszinierenden Erfindungen Fischingers, die sich jedoch nicht gewinnbringend vermarkten ließ. "Er war eben kein Geschäftsmann, sondern ein reiner Künstler."
(lk)
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