Von Romantik bis Pop

Von Petra Marchewka · 27.07.2012
Wenn sie anrücken, dann reicht normalerweise nicht der kleine Saal: 132 Sängerinnen und Sänger gehören zum Gesangsverein TeuTONia von 1863. Vor fast 150 Jahren gegründet, umfasst das Repertoire vieles von der romantischen Chormusik Schumanns über Chansons bis hin zu Poptiteln.
Dieser Chor lebt von seiner Geschichte:

Friedrich Hübner: "Es waren sieben Turner aus dem sieben Jahre vorher gegründeten Delmenhorster Turnverein von 1856, die singen wollten."

...von Geschichten aus der Geschichte:

Friedrich Hübner: "Das waren aber auch Zigarrenmacher, das waren Mitarbeiter der Delmenhorster Proto-Industrie, um das mal so zu sagen, denn die Industrialisierung - Delmenhorst ist ja dann größte Industriestadt hier im Nordwesten geworden - das kam ja erst ein paar Jahre später."

...und von der Zukunft der ganzen Geschichte:

Friedrich Hübner:"Und die haben das dann geschafft, 25, 50 und 100 Jahre alt zu werden, und wir sind jetzt die Nachfolger."

Der Tenor Friedrich Hübner singt seit 1977 bei TeuTONia, davor habe er den Chor viele Jahre als "Schlachtenbummler" begleitet, erzählt der 69-Jährige schmunzelnd. Die weit zurückreichende Chorchronik macht die 132 Sängerinnen und Sänger auch ein bisschen stolz: Als Johannes Brahms zum Beispiel dieses Zigeunerlied komponierte, da konnte TeuTONia bereits 25-jähriges Jubiläum feiern.

In den Anfangsjahren waren bei TeuTONia die Herren unter sich: Der Männergesangsverein wandelte sich erst 1977 zum gemischten Chor, als Helmfried Röder, damals Leiter der Delmenhorster Musikschule, die Chorführung übernahm:

"Es war also so, dass für mich also der Männerchor so mehr, wie der Name 'TeuTONia' schon sagt, deutsche Eiche und Seemannslieder und Trinklieder und Jagdlieder beinhaltete, und das waren alles Themen, die mir etwas fern lagen, muss ich sagen, als junger Lehrer."

Die Begeisterung für seine Arbeit mit TeuTONia merkt man dem heute 68-jährigen Dirigenten an: Lässig swingt Helmfried Röder auf seinem kleinen Dirigenten-Podest im Rhythmus dieses Rock 'n' Roll-Stücks aus den später 50ern. Bis er schließlich nicht mehr zu bremsen ist: Röder greift zu seinem Saxophon und mischt sich enthusiastisch ein.

Herbert Schmidt: "Bei der Auswahl unseres Liedguts sorgt unser Chorleiter ja auch dafür, dass seine hervorragenden instrumentalistischen Fähigkeiten auch immer mal wieder zum Einsatz kommen. Und das bereichert natürlich unseren Vortrag auch und unterscheidet uns natürlich auch von unseren anderen Chören hier, die eben nicht auf so ein Multitalent zurückgreifen können..."

Die Sängerinnen und Sänger, zwischen 35 und 80 Jahren alt und allesamt Laien ohne Notenkenntnisse, singen Modernes genauso gern wie Gospels oder Madrigale, internationale Folklore oder große Werke, wie die des argentinischen Komponisten Ariel Ramírez.

Bei den Proben vermische er bewusst und völlig hemmungslos die Stile, sagt Helmfried Röder und freut sich, wenn seine Sängerinnen und Sänger zwischen Rock 'n' Roll und Ramírez ins Schwitzen kommen. Er sei, was die Musikauswahl angehe, übrigens durchaus autoritär, gibt der Dirigent zu:

"Da muss eine bestimmte Chorliteratur her, die sowohl einen Anspruch hat aber auch nicht zu schwer ist. So dass auch für den Chor eine Stütze da ist und die ganze Arbeit interessanter wird."

So ein großer Chor wie dieser, schwärmt Helmfried Röder, biete einfach unbegrenzte Möglichkeiten, was Auftrittsgelegenheiten und Repertoire betreffe. Stimmt, sagt Erika Böse, die bei TeuTONia im Alt singt, und ergänzt augenzwinkernd ein "Problem", das die Chorgröße mit sich bringe:

"Für den Chorleiter ist das allerdings eine schwierige Aufgabe, die Leute montags abends bei den Proben dann bei der Stange zu halten, dass nicht allzu viel gequatscht wird zwischendurch. Ab und zu wird er dann auch mal sehr deutlich!"

Informationen zum Chor:

Chor-Homepage Teutonia
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