Von Katja Schlesinger

09.04.2008
"Die Welt" beschäftigt sich mit dem olympischen Fackellauf und ergründet die ursprüngliche Bedeutung der Fackel. In der "Süddeutschen Zeitung" stellt der irakische Schriftsteller Najem Wali fest, dass fünf Jahre nach dem Sturz der Saddam-Statue das kulturelle Leben in seiner Heimat brachliegt.
London, Paris, San Francisco - aus dem harmonisch geplanten Fackellauf ist längst ein olympischer Hindernislauf geworden. Möglicherweise deswegen wird nun ständig daran erinnert, dass es die Nazis waren, die den olympischen Fackellauf ersonnen haben. Für Matthias Heine von der WELT ein "klassischer Fall von selektivem Gedächtnis". Denn die Fackel ist ein "altes und äußerst mehrdeutiges Symbol", "mal steht sie für Aufklärung und Licht, mal für Brandstifterei und Barbarei. Und früher war die Fackel,

"eher ein Abwehrzauber, mit dem man sich unerwünschte Eindringlinge vom Leibe halten konnte. Im 'Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens' heißt es: 'Sie gehörte sowohl im alten Orient wie in der Antike zu den unentbehrlichen Requisiten der Reinigung von Krankheit und Schuld'."

Aber: genug gefackelt. Nächstes Thema. Ein Dauerbrenner - um im Bild zu bleiben -, es geht nämlich um die Integration von Ausländern in Deutschland, oder wie es in der FRANKFURTER RUNDSCHAU heißt: "Die lange Geschichte missglückter Integration, kurz erzählt" von dem irakisch-deutschen Schriftsteller Sherko Fatah. Der macht in seinem Essay folgenden interessanten Vorschlag:

"Möglicherweise sollte man wirklich flächendeckend türkischsprachige Schulen einrichten, um den ganz Jungen eine Chance zu geben, überhaupt ausreichend zu lernen und etwas zu erwerben, das zunächst wichtiger sein könnte als Deutsch: schulische Bildung. Anstatt sie einer doppelten Benachteiligung auszusetzen, jener durch soziale Herkunft und jener durch mangelnde Sprachlichkeit. Möglicherweise sollte man nicht auf ewig die Frage nach der Integration stellen, sondern neue Wege gehen."

Ein neues Thema haben verschiedene Künstler seit einiger Zeit gefunden. "Eine Krankheit hat Konjunktur im westlichen Kulturbetrieb. Die Krankheit heißt Alzheimer.", lesen wir in der ZEIT. Ulrich Stock hat aus einer Vielzahl von Demenz-Büchern und -Filmen einige ausgewählt und zieht folgendes Resumée:

"Salopp betrachtet, lassen sich zwei Formen kulturellen Umgangs mit der Demenz unterscheiden: zum einen die deskriptiven Werke; sie rücken die Krankheit ins Zentrum, dargeboten mal mit Anteilnahme, mal mit Lust an der Delikatesse des Monströsen. Zum anderen gibt es die Tapetenstücke: Alzheimer wird zur aktuellen Folie, auf die klassische Konflikte projiziert werden, geschlechtliche oder familiäre. Die zweite Kategorie gewinnt an Bedeutung. Dies schon aus Gründen des Marktes. Je mehr sich Alzheimer ausbreitet, desto normaler wird es."

Noch aber habe die "Alzheimerisierung der Gesellschaft ihren traurigen Höhepunkt" nicht erreicht.

Und damit zum traurigen Alltag zweier Länder: Irak und Simbabwe. Der in Berlin lebende irakische Schriftsteller Najem Wali schreibt in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG über die Kulturszene seiner Heimat genau fünf Jahre nach dem Sturz der Saddam-Statue. Was heißt schreibt, er klagt an:

"Der derzeitige irakische Staat scheint an einer Förderung der Künste und Literatur nicht interessiert zu sein. Vielmehr ist er mit der Förderung religiöser Feiern beschäftigt sowie damit, sich selbst zu loben. Leere Theater, gesprengte Kinos, der Fernseher ist das einzige Fenster, durch das der ängstliche Bürger in die Welt hinausschaut."

Angst ist es auch, die in Simbabwe regiert, wo ein machtsüchtiger Diktator seit fast zwei Wochen das Ergebnis der Präsidentschaftswahl zurückhält. "Königreich der Angst" hat der Schriftsteller Chenjerai Hove denn auch sein Heimatland in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG getauft. Er fühlt sich in der jetzigen Situation an Zeilen des verstorbenen ugandischen Dichters Okot p'Bitek erinnert, mit denen diese Kulturpresseschau enden soll:

"Und während die Würgeschlange der Krankheit / Die Kinder verschlingt /
Während die Büffel des Elends / Das Volk niedertrampeln / Und Ignoranz daneben steht wie ein Elefant…"