Von Jens Brüning

21.03.2006
Die "Stuttgarter Zeitung" schreibt über die hessischen und baden-württembergischen Fragebögen zur Einbürgerung und in der "Süddeutschen" wird von der Rekonstruktionsgeschichte der Villa von Thomas Mann berichtet, in dessen ehemaligem Haus in München nun ein Bankier wohnt. Außerdem findet sich in der "Süddeutschen" ein Gespräch mit einem weißrussischen Redakteur einer mittlerweile verbotenen Studentenzeitschrift.
"Irgendein Kitt muss diese vom Auseinanderfallen bedrohte Gesellschaft doch zusammenhalten, irgendeine Hülle muss sie doch wärmen", lesen wir in der STUTTGARTER ZEITUNG. Sibylle Thelen schreibt über die hessischen und baden-württembergischen Fragebögen zur Einbürgerung von Einwanderern.

Der Versuch, mit einem Frage- und Antwortspiel neue Bürger zu erforschen, wirke hilflos. Es komme vor allem darauf an, in der eigenen Gesellschaft eigene Positionen zu bestimmen. Die Autorin der STUTTGARTER ZEITUNG erinnert an die Lichterketten und Demonstrationen gegen Ausländerfeindlichkeit, die es 1992 und 1993 nach den rechtsextremistischen Brandstiftungen gegen von Ausländern bewohnte Häuser in Mölln und Solingen, gab. Damals habe allerdings kein echter Dialog mit den Zuwanderern begonnen. Daher urteilt Sibylle Thelen:

"Die Tests offenbaren, wie Deutschland auf der Suche nach sich selbst ist."

Und sie ist der festen Überzeugung:

"Es ist doch eine schöne Aufgabe, für die freiheitlich-demokratischen Grundwerte zu werben. Von dieser (im besten Sinne) bürgerlichen Lust spürt man, nebenbei bemerkt, in beiden Fragebögen nichts."

Zu den deutschen Werten schlechthin gehört der Dichter Thomas Mann. Dessen Haus in München, eher eine Art hochherrschaftliche Villa, ist jetzt wieder in seiner, dem Original nachgebauten Außenhülle zu besichtigen.

Gerhard Matzig schreibt in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG über die Rekonstruktionsgeschichte und das sogleich virulent werdende Neidpotential. Es wohnt dort nun nämlich ein Bankier mit seiner Gattin, und im Keller ist ein Swimmingpool. Matzig sieht das ganz kühl: Das Haus der Familie Mann sei nun eben wieder privat, genauso wie damals, bevor der Dichter mit den Seinen vor den Nazis floh. Und Matzig meint:

"Hätte die Öffentlichkeit etwas anderes gewollt, hätte sie den Preis dafür bezahlen müssen."

In einem zweiten Artikel auf derselben Seite der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG erzählt Gustav Seibt vom Verhältnis des Dichters zu der ihm fast vierzig Jahre Herberge gebenden Stadt an der Isar. Thomas Mann hielt dort 1926 eine Rede über "München als Kulturzentrum" erfahren wir, und lesen ein Zitat daraus:

"Wenn eines Tages Europa sich selber umgebracht haben wird, so wird es ein Selbstmord aus tiefstem Gemüt gewesen sein."

Noch gibt es Europa, und es ist größer als je zuvor. Über die Lage des französischen Präsidenten Jacques Chirac vor dem Ende seiner Amtszeit ist in Paris ein Buch erschienen, das Johannes Willms in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vorstellt. Es ist ein Buch, das Monsieur le Président überhaupt nicht gefallen kann. Der nämlich lebe seit der Ende Mai 2005 erfolgten Ablehnung der Europäischen Verfassung durch das französische Wahlvolk "nur noch in der Trauer ob seiner selbst."

Im Berliner TAGESSPIEGEL erklärt uns Eberhard Spreng, "was die jungen Franzosen auf die Straße treibt." Nach der Lektüre des Artikels ist man froh, weder jung zu sein noch in Frankreich zu wohnen. Und die Demonstrationen auf Frankreichs Straßen werden einem verständlicher.

Auch in Minsk wird demonstriert, allerdings nicht wegen der sozialen Zukunftsängste, sondern aus grundsätzlicheren Motiven. Ingo Petz hat für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG mit dem Redakteur einer belorussischen Studentenzeitschrift gesprochen. Der junge Mann meint:

"Wir Weißrussen sind ja keine Franzosen, die sofort auf die Straße rennen, wenn ihnen was nicht passt. Diese riesige Demonstration – das war wie ein Hilfeschrei."

Für die Demonstranten in Minsk geht es ums Ganze: "Die alten Gesichter, die seit Jahren immer dasselbe reden, müssen weg", lesen wir. Am Schluss des SZ-Interviews bittet der Redakteur der seit November letzten Jahres verbotenen Studentenzeitschrift:

"Drückt uns die Daumen. Denkt an uns. Redet darüber. Vergesst uns nicht."