Von Iren und Elfen

11.12.2008
Elfen und Geister gab es schon immer in Irland, wo man sich stets gut mit ihnen stellte. Der große irische Schriftsteller William Butler Yeats, dessen Todestag sich im Januar zum 70. Mal jährt, hat Ende des 19. Jahrhunderts Geschichten und Sagen gesammelt, die die Existenz der übernatürlichen Wesen beglaubigen. Seine Berichte aus dem "Königreich der Schatten" liegen jetzt zum ersten Mal vollständig - und mit einem hilfreichen Glossar versehen - in einer deutschen Übersetzung vor.
Elfen und Geister gab es immer schon in Irland, wo man sich – anders als etwa in Schottland – auch stets gut mit ihnen stellte. Der große irische Schriftsteller, dessen Todestag sich im Januar zum 70. Mal jährt, hat Ende des 19. Jahrhunderts Geschichten und Sagen gesammelt, die die Existenz der übernatürlichen Wesen beglaubigen. Seine Berichte aus dem "Königreich der Schatten" liegen jetzt zum ersten Mal vollständig - und mit einem hilfreichen Glossar versehen - in einer deutschen Übersetzung vor.

William Butler Yeats, geboren 1865 in der Nähe von Dublin, hatte sich als junger Mann nicht nur der Wiederentdeckung irischer Nationalliteratur und keltischer Sprache verschrieben, vor allem ging es ihm auch um die Dokumentation, den Erhalt vom Aussterben bedrohter Mythen und Geschichten. In seiner Kindheit und Jugend hatte man ihm viele Gespenster-Geschichten erzählt, die man nirgendwo nachlesen konnte, weil sie allein auf mündlicher Tradition beruhten. 1893 erschien die erste Ausgabe seiner Sammlung, 1902 eine erweiterte Ausgabe. Yeats hatte sich auf seinen Wanderungen immer wieder erzählen lassen, wo welches Gespenst ansässig war, wer die Kunst der Hexerei beherrschte, wann jemand und unter welchen Umständen Elfen begegnet war, denn "egal, an was man zweifelt, an den Elfen zweifelt man nicht, denn ... sie widerstehen der Vernunft." Und: "Nicht einmal die Staatsbediensteten kommen an diesem Glauben vorbei."

Es ist aber nicht nur der Glaube, der die Elfentradition wachhält, sondern auch das gute Verhältnis der Iren zu den kleinen Lebewesen. Niemals würden sie die Elfen so schlecht behandeln, wie die Schotten das tun. Ausführlich geht es hier neben vielen Geschichten um eben jene gravierenden Unterschiede zwischen Iren und Schotten. In Irland gibt es "so etwas wie eine schüchterne Zuneigung zwischen Menschen und Geistern. Sie behandeln einander nur dann schlecht, wenn sie einen Grund dafür haben." Friedliche Koexistenz herrscht also zwischen den Sphären, obwohl man auch hier aufpassen muss, damit man den Gespenstern nicht in die Quere kommt.

Yeats hat protokolliert und lässt keinen Zweifel daran, dass zu viel Misstrauen nicht nur unsinnig, sondern auch dumm und gefährlich ist. Eine Geschichte handelt von den Diamantenfressern: Da sieht der Autor nicht nur die Hölle der Kelten, sondern auch seine eigene, "die Hölle des Künstlers, und dass all jene, die mit zu leidenschaftlicher Gier nach dem Schönen und Wunderbaren suchen, ihren Frieden und ihre Gestalt verlieren und formlos und gewöhnlich werden". Was damals für Künstler galt, gilt heute im Zweifel auch für Börsenhändler und Bankmanager.

Ein wunderbares Geschichten-Buch ist das, nicht nur für passionierte Irland-Reisende. Es ist besonders geeignet für dunkle deutsche Winterleseabende – und stellt ihn nachhaltig in Frage: den Glauben an die alleinseligmachende Vernunft.

Rezensiert von Manuela Reichart

William Butler Yeats, Irlands Königreich der Schatten,
aus dem irischen Englisch übersetzt und herausgegeben von Alexander Pechmann,
Verlag Jung und Jung, Salzburg und Wien, 2008, 180 S., 19,80 Euro