Vom Fritzchen zum Fritz

Von Eduard Hoffmann · 21.06.2009
Mit 17 Jahren gehört der Kaiserlauterer Fritz Walter schon zu den "Roten Teufeln vom Betzenberg". Dem 1. FC wird er bis zu seinem Lebensende die Treue halten. Am 21. Juni 1959 beendet der begnadete Fußballkünstler seine sportliche Karriere.
"In der Höhe der Mittellinie Einwurf für Deutschland, kommt auf den Kopf von, ja von Fritz Walter, der einfach überall ist ... Toor! Deutschland ist Weltmeister, schlägt Ungarn mit 3:2 Toren im Finale von Bern."

Das "Wunder von Bern" 1954 war der Höhepunkt in Fritz Walters Fußballkarriere, die er schon als kleiner Junge Mitte der 1920er-Jahre auf den Straßen Kaiserslauterns begonnen hatte. Der Vater war Gastwirt im Vereinslokal des 1. FC Kaiserslautern. Und die Mutter, Dorothea Walter, sah sich oft das muntere Gekicke der "Buben" an, die mit zerbeulten Blechdosen, Stoffbällen oder ausgedienten Tennisbällen auf die Gullys als Tore schossen.

"Da haben die, wo zugeguckt haben, die haben immer gedacht, der bringt den Ball nicht fort, weil der so winzig war, net, und hatt'n aber schön wegstoßen können und viele, viele Schuhe kaputt gemacht."

Schon als 17-Jähriger sollte der Sparkassenlehrling mit der ersten Mannschaft des FCK antreten. Der Arzt aber verweigert dem "Strich in der Landschaft" zunächst das nötige Attest.

Fritz Walter:

"Und dann bin ich jeden Mittag in der Mittagspause hoch zu der Metzgerei Speyerer in die Glockenstraße, habe mit 16 oder 18 Metzgerburschen zu Mittag gegessen, und dann n halbes Jahr später hat es plötzlich geheißen, in einem Spiel mit der A-Jugend, aus dem Fritzchen ist ein Fritz geworden."

Fortan dribbelte sich das Fußballgenie in die Herzen der Kaiserslauterer Fans und wurde 1940 von Reichstrainer Sepp Herberger in die Deutsche Nationalelf berufen.

Herberger:
"Er war ein perfekter Ballkünstler, und er hat aber nicht nur den Ball beherrscht, er hat eben auch das Spielfeld übersehen, er war auch ein Spielmacher, er hat die Dinge vorausgesehen. Und so hat er sich schon in aller Frühe als der Mann empfohlen, der mal unsere Nationalmannschaft eben auch spielerisch auf Vordermann bringen kann."

Aber es waren nicht nur die sportlichen Höchstleistungen, die den sensiblen und bescheidenen Fußballer so populär machten. Er war ein Star ohne jede Allüren, das Ideal des sympathischen Sportsmannes. Nie wurde er vom Platz gestellt und nie hat er den Boden unter den Füßen verloren. Fritz Walter war Idol und Vorbild für viele, schon zu Lebzeiten wurde er zur Legende.

Der heimattreue Pfälzer erhielt unter anderem das Silberne Lorbeerblatt und das Bundesverdienstkreuz, er wurde Ehrenspielführer der Nationalmannschaft und Ehrenbürger von Kaiserslautern. Allen Profiangeboten aus dem Ausland erteilte er eine Absage, wie etwa 1951 der Offerte des Spanischen Meisters Atlético Madrid.

"Da hab ich 250.000 Mark für zwei Jahre, nur für die Unterschrift, ohne Gehalt und Prämien, dazu noch Haus und Auto, abgelehnt, und das kommt mir heute noch zugute, die Leute haben mir das bis zum heutigen Tage hoch anerkannt, dass ich meinem Verein und der Nationalmannschaft treu geblieben bin."

Auch im Zweiten Weltkrieg, der seine Karriere unterbrach, spielte der Sport für Fritz Walter eine entscheidende Rolle. Er kickte mit den berühmten "Roten Jägern" von Luftwaffen-Major Hermann Graf, und im rumänischen Gefangenenlager verhinderte seine Fußballkunst im Team der Lagerpolizei eine längere russische Gefangenschaft.

Nach Kriegsende brachte der leidenschaftliche Fußballer wieder seinen 1. FC Kaiserslautern auf Vordermann: als Geschäftsführer, als Trainer und als Spieler.

Die sogenannte "Walter-Elf", in der auch Bruder Ottmar kickte, wurde zur bestimmenden deutschen Nachkriegsmannschaft. 1951 wurden die Lauterer mit einem 2:1 Sieg über Preußen Münster erstmals Deutscher Meister.

"2:1 für Kaiserslautern, nach einem Eckball, der von Fritz Walter getreten wurde, Kopfball durch seinen Bruder Ottmar, Kopfball und Tor."

Aus der Nationalelf verabschiedete sich der Ausnahmefußballer erst als 38-Jähriger nach der WM in Schweden 1958. Ein Jahr später, am 21. Juni 1959, beendete Fritz Walter auf dem Kaiserslauterer "Betzenberg" endgültig seine sportliche Karriere.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten hatte er dann als Repräsentant einer großen Sportfirma auch geschäftlich Erfolg. Und mit der Sepp Herberger Stiftung engagierte er sich für die gesellschaftliche Eingliederung von Strafgefangenen. Am 17. Juni 2002 starb Fritz Walter im Alter von 81 Jahren. Als wichtiger Wegbereiter für das "Wunder von Bern" gilt er manch einem gar als mentaler Gründervater der Bundesrepublik.

WM-Finale 1954, DDR-Reporter Wolfgang Hempel:

"Die westdeutsche Nationalmannschaft wird Fußballweltmeister 1954. Die ganze Fußballwelt steht auf dem Kopf."