Viva schließt

"Sich selbst in die komplette Belanglosigkeit gesendet"

Viva -Moderatorin Charlotte Roche im Jahr 2000 im Studio
Viva -Moderatorin Charlotte Roche im Jahr 2000 im Studio © imago stock&people
Moderation: Shanli Anwar · 21.06.2018
Für den Medienwissenschaftler Marcus Kleiner ist die Entscheidung, Viva zum Jahresende einzustellen, keine Überraschung. Der Sender habe es vor zehn Jahren versäumt, zu entwickeln, wie man den Sender zu einem multimedialen Kanal für Musik macht.
Vor 25 Jahren noch war es großartig, es war etwas ganz Besonderes und es war judendlich und hip: ein Musiksender für die neue Generation. Damals, 1993, startet Viva als deutscher Gegenentwurf zu MTV als Spartensender, der ausschließlich Pop-Musik brachte, Beiträge über Popmusik produzierte und das Ganze von jungen Moderatoren präsentieren ließ, also von denen, von denen zum damaligen Zeitpunkt noch nie jemand gehört hatte. Nun aber ist Schluss. Zum Jahresende wird Viva eingestellt, wurde nun mittgeteilt.

Bereits vor zehn Jahren war Musik nur noch Beiwerk

Nach Einschätzung von Markus Kleiner, Medienwissenschaftler an der Hochschule der populären Künste in Berlin, hatte sich der Sender Viva allerdings bereits im Jahr 2007/2008 "angefangen zu beerdigen": "Damals gab es zum ersten Mal mehr Serienformate, mehr Klingeltonwerbung, mehr nichtmusikfokussierte Shows, womit primär der Inhalt von Viva nicht mehr das Musikfernsehen war, sondern andere Dinge, die eigentlich nichts mehr mit Musik zu tun hatten." Wenige Jahre zuvor war Viva von dem amerikanischen Medienkonzern Viacom übernommen worden. Damals habe der Sender festgestellt, dass Jugendliche sich nicht mehr "primär für Musik als Musik interessierten", sondern Musik sei dann lediglich noch ein "Nebenbeimedium" gewesen, das nicht mehr das Alleinstellungsmerkmal der 90er Jahre hatte, so Kleiner.

"Selber dran schuld."

Musik sowohl im Fernsehen als auch im Internet auf einem Kanal zu verbreiten, wo es ausschließlich Musik gibt, sei als Konzept damit schon vor zehn Jahren wirklich gescheitert, so Kleiner. Beispiele für solche gescheiterten Internet-Kanäle, etwa Tape-TV, seien ebenfalls "grandios gescheitert". Der eine wichtige Schritt sei es damals gewesen zu erkennen, dass das klassische Musik-TV nicht mehr zeitgemäß ist, doch dann hätten sich die Macher von MTV und Viva überlegen müssen, wie es in Zukunft gehen kann. Viva und MTV für die neue Zeit zu entwickeln, sei versäumt worden. "So war man selber daran schuld, dass man sich in die komplette Belanglosikeit gesendet hat."
Zu den Moderatoren, die der Sender einst groß machte, gehörten Heike Makatsch, Stefan Raab, Sarah Kuttner, Charlotte Roche oder Mola Adebisi.
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