Vinyl-Box: "The Beatles: The Christmas Records"

Weihnachtsgrüße der Beatles

Die Beatles 1967
Die Beatles am 20. Mai 1967 in New York. © imago/ZUMA/Keystone
Von Ralf Bei der Kellen · 15.12.2017
Von 1963 bis 1969 verschickten die Beatles an die Mitglieder ihres Fanclubs Weihnachtsbotschaften, die die Bandgeschichte erzählen: vier junge Musiker starten voller Elan, haben überraschend Erfolg und werden sich schließlich fremd.
Ausschnitt: Die Beatles singen "Good King Wenceslaus"
Es ist der 19. Oktober 1963. Im EMI Studio Number two haben die Beatles grade "I Want to Hold Your Hand" aufgenommen. Zum Tagesausklang sprechen sie schnell noch eine Weihnachtsgrußbotschaft an ihren Fanclub ein.
Ausschnitt: Die Beatles singen "Good King Wenceslaus"
Die Fab Four freuen sich über ihren ersten riesigen Erfolg, bedanken sich artig bei ihren Fans, und bei den Sekretärinnen ihres Fanclubs.
"I'm George Harrison. Nobody else has said anything about our Fanclub secretaries Anne and Betty. Not to mention Frieda Kelly in Liverpool."
Alle: "Good Old Frieda!"
Den Wahnsinn in den USA haben sie noch nicht erlebt. Und Ihr Aufenthalt in Hamburg scheint ihnen noch gut in Erinnerung zu sein.
Paul: "Ja, das wird … und dankeschön … Ja, das wird wunderschön, boy. Danke schön! Ja, Ringo!"
Ausschnitt aus "Jingle Bells" von den Beatles

Johns Zynismus an der langen Leine

1964 schlägt sich der Irrsinn der Beatlemania auch in ihrer Weihnachtsbotschaft nieder. John Lennon lässt seinen Zynismus hier an der langen Leine.
Paul: Jo-ohn?
John: hustet
Auf Pauls rhetorische Frage an die Fans, wo die Beatles ohne sie wären, entgegnet Lennon: wahrscheinlich in der Armee.
Paul: "Don't know where we'd be without you really."
John: "In army perhaps."
Und auch irgendwelche entspannenden Substanzen scheinen schon im Spiel zu sein.
John: "Thanks a lot folks and a ha….ppy new year."

Urheberrechts-Probleme und psychedelische Wende

Oktober 1965. Während der Aufnahmen zu "Rubber Soul" wenden sich die Beatles ein weiteres Mal an ihre Fans. Paul entschuldigt sich erstmal für alles, was sie in diesem Jahr nicht geschafft haben:
Paul: "We certainly tried to …"
Ringo: "… please everybody …"
Paul: "… please everybody, we could have done, we tried …"
Bevor John dann wieder seinem schrägen Humor freien Lauf lässt:
John singt: "Christmas comes but once a year"
Und auch die Probleme, mit denen sie sich im Musikbusiness herumschlagen müssen, werden offenbar. Als John seine Version des kurz zuvor erschienenen Hits der Four Tops "It's The Same Old Song" anstimmt, erinnern ihn die anderen drei sofort an das Urheberrecht.
John: (singt)
George: "Copyright, Johnny!"
Ringo: "Copyright, [you] can't sing that."
Paul: "Yeah, what can we do that's out of copyright??"
Ausschnitt aus: "Everywhere is Christmas"
November 1966. Die psychedelische Wende der Beatles wird auch in ihren Weihnachtsgrüßen hörbar. Einen Tag, nachdem die Aufnahmen zu "Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band" begonnen haben, collagieren die Beatles eine skurrile Weihnachtsbotschaft – die kaum ein persönliches Wort an die Fans enthält.
"Guten Tag, meine Damen und Herren, welcome to Feltin Mansions! The bulter will show you to your rooms!"
Ausschnitt aus: "Christmas Time Is Here again"

Surreal unzusammenhängende Botschaft

November 1967. Der Film "Magical Mystery Tour" ist gerade abgedreht – und ähnlich surreal unzusammenhängend klingt die diesjährige Weihnachtsbotschaft.
George Martin: "They'd like to thank you for a wonderful year."
Paul: "Thank you for a wonderful year."
Alle: "Thank you for a wonderful year."
George: "Carry on etc." (Echoeffekte)
Und Experten fragen sich, ob die Eröffnungsszene ein Abfallprodukt der Idee gewesen sein könnte, den "Hobbit" mit den Beatles zu verfilmen:
Paul: "The boys arrive at BBC house."
Geräusch: Schläge an Tür
Stimme: "What Do You Want?"
Alle: "We have been granted permisson, oh wise one!"
Stimme: "Pass in peace!"
Paul: "I'd like to wish everybody Happy Christmas this year of 1968, going on 69 …"

"Let it Be" der Weihnachtsbotschaften

November 1968. Analog zu weiten Strecken des Weißen Albums nehmen die Beatles ihre Botschaften separat auf und fügen diese später zusammen. Paul ist nett wie immer. Ringo telefoniert mit sich selbst:
Ringo: "Good evening."
"Hello my dear, I didn't know you were coming!"
"I'm not suprised."
"Well, I am, certainly …"
"I would have thought so."
"Well, if you ask me, I think it's insane …"
John: "Once upon a time there were two balloons called Jock and Yono …"
Und John erzählt ein Märchen über zwei Ballons namens Jock und Yono, die sich sehr lieben, deren Liebe aber von vielen kritisch beäugt wird.
John: "But they battled on against overwhelming oddities – including some of their best friends …"
Die letzte Fanclub-Flexi von 1969 wirkt lustlos, es ist ihr "Let It Be" der Weihnachtsbotschaften. Mit dem Abstand von fünf Jahrzehnten legen diese Grußbotschaften Zeugnis ab von vier jungen Musikern, die voller Elan starten, von ihrem eigenen Erfolg überrascht sind, deren Kreativität Purzelbäume schlägt, die dann abgeklärter werden und sich schließlich einander fremd werden. Warum man sie trotzdem hören sollte? Einfach – weil diese vier Jungs aus Liverpool mehr Humor, Talent und Esprit hatten als die meisten ihrer Zeitgenossen.
Beatles rufen "Happy Christmas"
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