Verwertungsunternehmen Vebeg

Die staatliche Resterampe

Der Airbus A-310 "Konrad Adenauer" der Flugbereitschaft der Bundeswehr in neuer Lackierung am 5.9.2003 auf dem Prager Flughafen.
Ein Airbus A310 "Konrad Adenauer" der Flugbereitschaft der Bundeswehr © picture-alliance / dpa / BPA Faßbender
Von Ernst-Ludwig von Aster · 18.03.2017
Ob alter Airbus oder Bürotisch: Was die öffentliche Hand nicht mehr braucht, landet meist bei der Vebeg. Das Verwertungsunternehmen des Bundes bietet im Auftrag des Finanzministeriums die Restbestände online an. Der Transrapid ist schon verkauft - muss aber noch abgeholt werden.
Georg Veix eilt über angemooste Gehwegplatten. Zwischen mehrstöckigen Bürobauten hindurch.
"Hier ist noch eine Zollfortbildung auf dem Hof, hier ist noch eine Lebensmitteluntersuchungsstelle, ein Labor, die Liegenschaft ist schon voll ausgelastet."
Ganz hinten, an einer Mauer, parken vier Fahrzeuge. Ausgemustert aus dem öffentlichen Dienst warten sie auf private Kundschaft. Drei VW-Transporter. Und ein Minilaster:
"Das ist halt der Multicar, Bezirksamt Treptow Köpenick. Ein Kommunalfahrzeug, das zum Beispiel zum Schneeräumen, zur Abfuhr von Grünabfällen verwendet wird."
Ein Blick ins Führerhaus. Die Sitzpolster sind zerschlissen, der Tacho zeigt 154.900 Kilometer:
"Wenn man hier reinschaut, man sieht natürlich Gebrauchsspuren, das ist klar. Aber nicht so, dass man sagt, man kann es nicht noch weiterverwenden."
Veix leitet das Berliner Büro der Vebeg, das ist das Verwertungsunternehmen des Bundes: Hier wird alles verkauft und versteigert, was staatliche oder halbstaatliche Einrichtungen nicht mehr brauchen. Fahrzeuge gehören dazu, aber auch Büromöbel oder ausgemusterte Unterhemden der Bundeswehr:
"Wir haben über 90.000 Kunden, die bei uns aktiv sind, wir verkaufen pro Jahr um die 20.000 Positionen, wenn man bedenkt, bei nur 54 Mitarbeiter."

Der Multicar liegt gut in der Versteigerung

Den Minilaster betreut Kollege Baerecke im zweiten Stock. Die Online-Versteigerung läuft, auf der Vebeg_Internetseite.
Veix: "Können wir mal schauen, wo bei dir der Multicar steht?"
Baerecke: "2505 Euro. Zehn Gebote haben wir zurzeit, muss ich mal gucken (blättert). Multicar: 1500 hatte ich ihn angesetzt, als Aufrufpreis. Und mittlerweile sind wir bei 2505. Haben wir kein Problem mit, wenn zu viel rauskommt."
Georg Veix, nickt. Zufrieden. Neun Prozent für die Vebeg, der Rest für das Bezirksamt. So läuft das Geschäft. Mehr als 75 Millionen Euro erlöst die staatliche Resterampe jedes Jahr für die öffentliche Hand:
"Wenn wir hier durch die Seite klicken. Sie sehen hier ein Ausbildungsfahrzeug, sie sehen Teile von Flugzeugen, das Angebotsspektrum ist derartig groß, das kann einem niemand anders bieten."

Fast alles außer Rüstungsgütern

Es gibt fast alles, außer Rüstungsgüter und Materialien mit umweltgefährdenden Stoffen. 5,1 Tonnen Feldbekleidung, darunter 4752 Bordjacken, Tische, Schreibtischstühle, Jahreswagen. Staatliches eBay für alle. Denn jeder kann mitbieten. Veix schiebt das Keyboard zur Seite, daneben stehen zwei Ferngläser:
"Die haben wir von der Naturwacht erhalten, zum Veräußern, die Ferngläser entsprechen nicht mehr dem Standard. Die Ferngläser funktionieren noch, warum soll man die wegwerfen?"
Veix hebt das Fernglas. Fokussiert die andere Straßenseite:
"Ich will jetzt nicht unbedingt die Nachbarn im Wohnzimmer betrachten. Der Blick ist klar, dass Gerät funktioniert also eindeutig, es weist natürlich Gebrauchspuren auf."
Ein prüfender Blick aufs Gehäuse. Darauf klebt noch ein verblichener Sticker mit dem Umweltzeichen "Blauer Engel":
"Man bekommt für so ein Fernglas noch 50 Euro. Dann starten wir mal mit 50 Euro Wert, was dabei rauskommt, das kann man ganz selten sagen, es gibt Liebhaber, die sind scharf auf so ein Fernglas."

Der Transrapid muss noch abgeholt werden

Interessenten gibt es für fast alles, Ladenhüter sind selten. Ein Kanzler-Airbus ging hier ebenso weg, wie komplette Schiffe. Das letzte Großangebot, Ausschreibungsnummer, 164 32 70, liegt bei Veix noch auf dem Schreibtisch:
"Wir haben jetzt hier den Transrapid liegen. Der Transrapid ist aber für uns trotz allem Tagesgeschäft. Das ist unabhängig ob das ein Tisch oder der Transrapid ist."
Für knapp 200.000 Euro ging die Magnetschwebebahn an einen norddeutschen Wurstproduzenten. Der muss sie aber auch selber abholen. Erfassen, bewerten, ausschreiben. Egal ob Tisch oder Transrapid – hier zählt nur der Materialwert. Und wenn der neue Bundespräsident demnächst in Bellevue einzieht, dann wird es hier wieder ein paar neue Angebote geben. Wie nach jedem Wechsel im Regierungsviertel:
"Ob wir nun einen Schreibtisch oder einen Schrank von einem Bundespräsidenten oder einen Schreibtisch aus der Arbeitsagentur Frankfurt Oder verkaufen, das spielt keine Rolle. Jeder Minister und jeder Staatssekretär hat seine Büroeinrichtung. Und die wird nach seinem Weggang auch veräußert."