Verleger zu Gast im japanischen Kaiserpalast

Ihre Majestät Michiko als Dichterin

Die japanische Kaiserin Michiko besucht ein Konzert in Tokyo.
Der Titel des Bandes "Nur eine kleine Maulbeere" von Michiko erzählt von den Anfängen ihrer Zeit als Kaiserin von Japan. © imago/Kyodo News
Manuel Herder im Gespräch mit Hans-Joachim Wiese · 08.02.2018
Manuel Herder ist in Tokio eine besondere Ehre widerfahren. Er war bei der japanischen Kaiserin Michiko eingeladen, die in seinem Verlag einen Gedichtband veröffentlicht hat. "Seien Sie locker!", riet ihm der Kammerdiener.
Eine Audienz bei der Kaiserin habe es auch in der 200-jährigen Geschichte seines Verlagshauses noch nie begeben, sagt der Verleger des Herder-Verlages, Manuel Herder, im Deutschlandfunk Kultur. Deshalb sei er sehr aufgeregt gewesen und habe sich auf das Treffen gefreut. Mitten in der quirligen Großstadt Tokio liege der kaiserliche Garten und darin gebe es einen von Mauern abgeschotteten Bereich, in dem die kaiserliche Residenz liege.
Der Freiburger Verleger Manuel Herder sitzt am 10.01.2017 beim Neujahrsempfang der Erzdiözese in Freiburg (Baden-Württemberg) auf einem Stuhl. 
Der Freiburger Verleger Manuel Herder: "Ihr Englisch ist perfekt."© picture alliance / dpa / Patrick Seeger

"My Majesty"

In einem Wartezimmer habe ihn ein freundlicher Kammerherr ein wenig auf die Audienz bei der Kaiserin vorbereitet, die mit "Dear Majesty" anzusprechen sei. "Ansonsten sagte er mir, seien Sie locker, die Kaiserin freut sich sehr auf das Treffen." Er habe in der Begegnung mit der Kaiserin einen der kultiviertesten Menschen getroffen, dem er je begegnet sei. "Ihr Englisch ist perfekt."
Bundespräsident schüttelt die hand von Kaiser Akihito.
Bei seinem Japan-Besuch traf Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem japanischen Kaiserpaar zusammen © dpa

Die schönsten 50 Gedichte

Zu dem Treffen kam es am Rande des Besuches von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Japan, zu dessen Delegation Herder gehört hatte. Aber die Audienz wurde vor allem dank der Zusammenarbeit für den Gedichtband gewährt. "Nur eine kleine Maulbeere. Aber sie wog schwer", heißt das Buch und enthält die schönsten 50 Gedichte der Kaiserin und sind in japanischer Kalligrafie mit deutscher Übersetzung gedruckt.

Buch vom kaiserlichen Hof

"Das besondere an diesem Buch ist, es ist nicht irgendeine Lizenz, die wir in Japan eingekauft haben und dann übersetzt und auf Deutsch gebracht haben, sondern es ist ein Buch, das wir direkt bei ihr beim kaiserlichen Hofe angebracht haben", sagt Herder. Bei seinem Besuch habe er erst herausgefunden, wie eng die Abstimmung mit der Kaiserin gewesen war. Die Auswahl der Gedichte habe sie getroffen, die Auswahl des Cover-Umschlages und auch an der Titel-Formulierung habe sie Anteil gehabt. "Sie war offenbar sehr viel näher an der Publikation, als ich das dachte."
Bei dem Titel des Lyrikbandes "Nur eine kleine Maulbeere. Aber sie wog schwer" gehe es um den Anfang ihrer Zeit als Kaiserin. "Der Kaiser überreichte ihr diese kleine Maulbeere und sagte, sie ist klein, aber sie wiegt schwer", sagt Herder. Dieser Titel sei für Michiko von Bedeutung, weil er zum Ausdruck bringe, dass ihre Aufgaben als Kaiserin und die Anforderungen an ihr Leben schwer seien. In dem Band finde sich eine Sammlung gesellschaftspolitischer Gedichte der Kaiserin.

Das Kaiserhaus ist kulturell aktiv

"Das japanische Kaiserhaus hält sich politisch völlig zurück, aber kulturell sind sie sehr wohl aktiv", sagt der Verleger. Das Schreiben und Vortragen von Gedichten habe eine tausendjährige Tradition im japanischen Kaiserhaus. "Wenn Sie die Gedichte lesen, ist es eine unglaubliche Spanne, die sie abhandelt." Es gehe um die Geburt der Kinder der Kaiserin, aber es gebe sogar ein Gedicht über ihre Gefühle, als in Berlin die Mauer fiel. "Sie beschreibt in einem Gedicht, was es für sie persönlich bedeutet, das das Brandenburger Tor wieder den Menschen gehört."

Gedichte von Michiko, Kaiserin von Japan: "Nur eine kleine Maulbeere. Aber sie wog schwer", Herder Verlag 2018, 28 Euro
Eine Leseprobe finden Sie hier.

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