Verlagsvorschauen im Wandel

Ein Blick auf das bunte Literaturtreiben

Eine junge Frau steht unschlüssig vor Bücherregalen in einer Buchhandlung
Buchhandlungen, Redaktionen und Kritiker sind die Adressaten der Vorschauen. © dpa picture alliance/ Wolfgang Moucha
Von Jörg Plath · 24.01.2018
Zweimal im Jahr informieren Verlage die interessierte Öffentlichkeit gezielt über die Neuerscheinungen der Saison. Im Fokus stehen dabei Starautoren, die als Marken inszeniert werden. Um die Bücher geht es immer weniger.
Für Buchhandlungen, Redaktionen und Kritiker ist zweimal im Jahr Weihnachten: Am Ende und in der Mitte jedes Jahres füllen sich die Briefkästen mit sogenannten Verlagsvorschauen, den Ankündigungen der im Frühjahr und im Herbst erscheinenden Bücher. Mit Autorenfotos, biografischen und Inhaltsangaben, mit Blurbs ("Die Lobeshymnen sind keinen Deut übertrieben!"), dem Buchcover, Seitenzahl, Preis und Erscheinungsdatum werben die Verlage für ihre Produkte – nicht selten zum gelinden Entsetzen der Autoren, die ein Buch angeboten sehen, an dem sie noch arbeiten.

Viel Aufwand für "Spitzentitel"

Immerhin ist vom Buch kaum die Rede, und das scheint sich in den letzten Jahren noch verstärkt zu haben. Während die vom Inhaber geführten Unternehmen wie Doerlemann, Berenberg und Wagenbach mit persönlichen Editorials den Leser ansprechen, setzen die Konzernverlage auf die Personalisierung des Autors. S. Fischer, Rowohlt oder Luchterhand preisen manche Bücher nicht mehr nur auf einer oder zwei Seiten an, sondern gleich auf sechs oder gar acht. Dies sind die "Spitzentitel" oder "Schwerpunkttitel".
Die ersten zwei Seiten gehören einem nicht selten künstlerischen Foto des Autors: Georg Klein steht in der Rowohlt-Vorschau an einem See und sinnt Wellen hinterher, die sich vor ihm kreisförmig ausbreiten. Dass er mit dem Rücken zum Betrachter (!) steht, darf als ironische Replik auf die erwünschte Markenwerdung des Autors gelesen werden.

Hinweise auf massive Werbemaßnahmen

Auf das große Foto folgt nicht selten – ein etwas kleineres Autorenfoto, vor allem aber der Hinweis auf massive Werbemaßnahmen, auf Lesereisen, eine "Citylight"-Kampagne, Displays, Buchstapel, Plakate. Luchterhand verrät erst auf den Seiten sieben und acht, dass Ferdinand von Schirach "Stories" geschrieben hat, 220 Seiten für 18 Euro ab Februar. Darüber: "Je mehr wir über einen Menschen wissen, um so schwerer fällt es, ihn zu verdammen."
Der Satz könnte als Motto über den neuen Verlagsvorschauen stehen. Es geht primär um den Menschen, der Autor oder Autorin ist. Dann folgt das Umsatzversprechen. Am Ende steht das Buch, die besondere Sichtweise, der eigene Zugang, die unverwechselbare Erzählweise. Das Buch wird als Zugang zu Autor und Autorin inszeniert. Das erinnert auffällig an das Versprechen der sozialen Medien.
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