"Veränderung beginnt am Rand"

Gespräch mit Kolja Mensing · 16.06.2005
Die Filmemacher Kolja Mensing und Florian Talhofer haben für einen Dokumentarfilm vier Wochen in einem Bremer Problemviertel gewohnt – die Nachbarn waren Drogendealer, Asylbewerber, Arbeitslose. Mit Sicherheit kein angenehmes Umfeld, aber die beiden Filmemacher sagen jetzt nach Abschluss des Projekts: Wir sind süchtig nach unserem Hochhaus, seinen Menschen und seinen Geschichten.
"Veränderung beginnt am Rand. Wir sind jetzt seit 29 Tagen hier, und wir können nicht genug bekommen von den Geschichten aus den Hochhäusern.", schreibt Kolja Mensing in seinem Internet-Tagebuch über seine Zeit im 13. Stock der "Groher Düne" - ein Hochhaus im tiefen Norden von Bremen, Beton gewordenes Zeugnis der Utopie vom "verdichteten Leben".

Mensing sagte im Radiofeuilleton, er und Talhofer seien in anderen Wohnverhältnissen aufgewachsen, in relativ "heiler Welt", und hätten dementsprechend große Vorurteile gegen die Hochhaussiedlung gehabt. Doch seien sie sehr herzlich in der Groher Düne aufgenommen worden und schnell integriert gewesen:

"Die Menschen fühlen sich dort total wohl, sind sehr offen, haben uns sofort ihre Geschichten erzählt und wir haben dann gemerkt, dass wir ein Teil dieser Geschichte wurden, und nachher wollten wir nicht mehr raus. Und es gab so viel zu erzählen dort, wir haben gedacht: Das kann nicht aufhören, wir wollen das immer weiter hören."

Während ihrer Zeit in der Hochhaussiedlung mussten die Filmemacher viele ihrer Vorurteile über Bord werfen. So ließ sich die Vorstellung, dass Menschen in so einer Siedlung per se unglücklich sein müssten aufgrund der Umstände, nicht halten. Viele wohnen dort sehr gerne, sehen es als ihre Heimat an, sagte Mensing.

Mit den Bewohnern führten Mensing und Talhofer Interviews. Diese schnitten sie zu einem interaktiven Dokumentarfilm zusammen, der jetzt auf DVD im Verbrecher Verlag erschienen ist. Man kann ihn aber auch auf der Website 13ter Stock sehen.

Das Interview mit Kolja Mensing können Sie hören, indem Sie den Audiolink in der rechten Spalte anklicken.
Einwohner der Grohner Düne
Einwohner der Grohner Düne© Florian Thalhofer & Kolja Mensing