Venezuela

"Bilder, die an die Zeit der Militärdiktaturen erinnern"

Motorradpolizisten der Nationalgarde patrouillieren am 30.07.2017 in Caracas (Venezuela).
Motorradpolizisten der Nationalgarde in Caracas © dpa/Manaure Quintero
Detlef Nolte im Gespräch mit Dieter Kassel · 31.07.2017
Eine extreme politische Polarisierung sieht der Lateinamerika-Experte Detlef Nolte vom Hamburger Giga-Institut in Venezuela. Deshalb sei fraglich, ob die Venezolaner die Krise allein lösen können. Er plädiert für eine internationale Vermittlungsmission.
Schießereien, Angriffe auf Wahllokale, brennende Barrikaden und mindestens zehn Tote - überschattet von Gewalt und massiven Protesten ist am Sonntag in Venezuela die umstrittene verfassungsgebende Versammlung gewählt worden.
Eine derart massive Repression des Staates habe man seit langem nicht gesehen, sagte der Direktor des GIGA-Instituts für Lateinamerika-Studien, Detlef Nolte, im Deutschlandfunk Kultur:
"Die Bilder, die man im Fernsehen sieht, erinnern mich eigentlich an Zeiten, als es noch Militärdiktaturen in Lateinamerika gegeben hat."
Eine Straßenbarrikade in der venezolanischen Hauptstadt Caracas
Eine Straßenbarrikade in der venezolanischen Hauptstadt Caracas© Deutschlandradio / Burkhard Birke

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Angesichts der extremen politischen Polarisierung im Land bezweifelt Nolte, dass die Venezolaner die Krise allein lösen können. Vielmehr werde man möglicherweise eine Vermittlung von außen brauchen:
"Aber das hängt natürlich davon ab, ob beide Seiten eine derartige Vermittlung akzeptieren."
Und auch noch davon, wer überhaupt als Vermittler auftreten könnte. Denn Länder, die sich zum Konflikt in Venezuela neutral verhalten, seien derzeit schwer erkennbar:
"Die großen, wichtigen Länder stehen eigentlich mittlerweile alle dem Regime sehr kritisch gegenüber."

Kuba und China könnten auf Maduro einwirken

Ein Potenzial, auf Präsident Maduro einzuwirken, sieht Nolte vor allem bei Kuba und China:
"Aber im Moment ist nicht absehbar, ob Kuba sich an einer Vermittlungsmission beteiligen würde, da gibt es bisher eher negative Stimmen. China hat sicherlich auch Einfluss, das ist ein wichtiger Investor und Kreditgeber und auch Abnehmer venezolanischen Öls."
Menschen in Venezuelas Hauptstadt Caracas warten, um ihre Stimme bei der Wahl der Verfassungsgebende Versammlung am 30. Juli 2017 abzugeben. Im Vordergrund liegen Zeitungen, mit der Aufforderung, wählen zu gehen.
Menschen in Venezuelas Hauptstadt Caracas warten, um ihre Stimme bei der Wahl der Verfassungsgebende Versammlung am 30. Juli 2017 abzugeben.© AFP / Juan Barreto
Letztlich werde es bei einer Vermittlungsmission darum gehen, eine "Gruppe von Freunden" zusammenzustellen, "wo Länder dabei sind, die von der Opposition akzeptiert werden, und Länder, die dem Regime nahestehen", sagte der Lateinamerika-Experte.
(uko)
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