US-Präsidentschaftskandidat

Wer wählt Donald Trump - und warum?

Donald Trump bei seiner Rede nach dem Sieg in den Vorwahlen im US-Bundesstaat New York am 19.04.2016.
Was macht Donald Trump für Wähler anziehend? © afp / Jewel Samad
Von Martina Buttler · 01.08.2016
Er selbst glaubt womöglich, dass er der beste Mensch der Welt ist: Donald Trump. Der Präsidentschaftskandidat erklärt etwa den Erfolg seiner Familie damit, dass sie an die Idee der Zucht glaubt. Seine Fans wollen Trump im Weißen Haus - obwohl er ständig aneckt.
"Ich war von Tag Eins an für Trump. Wir haben Wirtschaftsprobleme in unserem Land. Wir brauchen also keinen Politiker, sondern einen aus der Wirtschaft, der das löst. Ich war von Anfang an ein Trump-Mann."
Joes Vater hat ihm beigebracht über zwei Dinge zu schweigen: Religion und Politik. Das ist besser für’s Geschäft. Joe Del, wie sie ihn hier alle nennen, hat das jahrelang beherzigt. Bis zu dem Tag, an dem er unter seinem großen Firmenschild an der Hauptstraße ein Trump-Schild aufstellte. Er, der jahrelang Parteimitglied bei den Demokraten war. Das ist Geschichte:
"Ich bin bei den Republikanern eingetreten, damit ich in den Vorwahlen für Trump stimmen konnte."
Und Joe ist nicht der Einzige, der in Johnstown so denkt. Eine Stadt mit noch gut 20.000 Einwohnern, eine Stunde von Pittsburgh entfernt. Geradezu idyllisch zwischen grünen Hügeln gelegen, ein Fluss geht mittendurch. Hier schlug in den 50er-, 60er-Jahren das stählerne Herz Amerikas. Der sogenannte Rustbelt ist das Ruhrgebiet der USA. Kohle und Stahl – damit haben sie es hier zu Wohlstand gebracht. Doch von den zum Teil herrschaftlichen Häusern in der Stadt bröckelt der Putz, die Farbe blättert ab. Einige verwittern.
"Diese Stadt wurde zerstört von dem ganzen Nichts-Tun in Washington. Die haben unsere Jobs in der Stahlindustrie zerstört. Und jetzt stellt sich Hillary Clinton hochmütig vor die Amerikaner und sagt: wir machen Schluss mit all den Kohlejobs. Meine Sorge ist, erst haben sie die Jobs in der Stahlindustrie zerstört, jetzt die Kohle. Fracking wollen sie auch nicht. Wir nehmen hart arbeitenden Amerikanern die Jobs weg. Sie sind das Rückgrat der USA. Sie haben Amerika aufgebaut."

Der Anti-Politiker in seinem Glitzer-Turm

Dass der Anti-Politiker mal in seinem Glitzer-Turm in New York die Rolltreppe runterfahren würde, um seine Kandidatur zu erklären, das war kein spontaner Einfall. Ein großer Teil der Journalisten hat Donald John Trump nicht für voll genommen. Einige haben sich geweigert, über ihn zu schreiben. Manche geben nun ehrlich zu, dass sie damit falsch lagen.
"Ladies and gentlemen – the next president of the United States, Donald Trump….
I will be the greatest Job President - Ich werde der grösste Job-Präsident, den Gott jemals erschaffen hat."
Jobs. Die Wirtschaft. Sozialer Aufstieg. Sicherheit. Darum sorgen sich viele Amerikaner. Es ist das Thema dieses Wahlkampfs. Es ist das Thema von Donald Trump. Er sammelt die Unzufriedenen und Ängstlichen ein – lässt sie ein bisschen Teilhaben an seinem Gefühl der Stärke. Trump trägt immer vor sich her, wie stinkreich er ist.
"Ich werde Amerika wieder groß machen. Politiker werden das nicht tun. Jeder nimmt mich ernst."
Amerika wieder groß machen, zur Großmacht. Ray Wrabley, Politikprofessor an der University of Pittsburgh, weiß, warum dieses Versprechen für einen Teil der Amerikaner so anziehend ist:
"Ich denke dieses 'lasst uns Amerika wieder groß machen', da kommen bei manchen Leute Erinnerungen hoch an die guten alten Zeiten. Dieses 'Holt Euch Euer Land zurück' bringt natürlich die Frage mit sich: von wem? Und: für wen soll es groß gemacht werden? Dieses 'Amerika wieder groß machen' bringt für diese Leute auch die Frage: wer regiert derzeit? Barack Obama. Vielleicht hat er das Land in ihren Augen ein bisschen weniger groß gemacht und wer das so sieht, bei dem kommt Trump gut an."

Wie Trump die Welt sieht

Um die guten alten Zeiten macht sich Gary Byler keine großen Gedanken. Der Rechtsanwalt ist seit den 70er-Jahren Republikaner. In seiner Region ist er schon lange Parteiestablishment. Sein Kandidat, das gibt der Mann mit den Segelschuhen im schmal gestreiften Sakko unumwunden zu, war Donald Trump nicht. Bald schon standen Trump-Leute in dem Büro, in dem an den Wänden Bilder von Gary Byler mit Ronald Reagan, Sarah Palin oder George Bush hängen. Sie wollten Bylers Unterstützung für Trump:
"Als die mich anfänglich angesprochen habe, habe ich dankend abgelehnt. Dann haben sie gefragt, ob ich bereit wäre Trump zu treffen und ich habe zugestimmt. In den drei Wochen bis zu dem Treffen bin ich von so vielen Leuten angesprochen worden, die haben mich auf der Straße angehalten, angerufen oder sind zum ersten Mal bei mir ins Büro gekommen. Und sie alle haben mich gebeten, Trump zu unterstützen. Und was ungewöhnlich war, wie einig sie sich alle waren. Es war eine einstimmige und sehr ernsthafte Unterstützung."
Gary Byler hat Donald Trump getroffen, gehört, was er zu sagen hatte: Die Stimme des Mannes, bei dem ein Golfschläger im Büro am Bücherschrank lehnt, hatte Trump sicher. Trump-Biograph Michael d’Antonio erzählt, wie Donald Trump die Welt und vor allem seine Familie sieht:
"Das Erstaunlichste was ich gehört habe, kam von Donald Trumps Sohn Don Junior. Er erklärt den Erfolg seiner Familie damit, dass sie an die Idee der Zucht glauben. Er vergleicht das mit Rennpferden. Man bekommt die besten Menschen, wenn man den besten Mann und die beste Frau zusammenbringt. Das erklärt, warum Donald Präsident werden will. Er ist überzeugt davon, dass er der beste Mensch in allem ist, womöglich in der ganzen Welt."
Wenn Trump mit seinem Helikopter, auf dem sein Name selbstverständlich riesengroß draufsteht, landet – ist es für viele ein Event. Fast als würde ein König oder der Papst landen.
Und er bringt ganze Hallen zum Toben:
"Wir sind Obama so satt und so bereit für jemanden, der politisch unkorrekt ist. Jeder ist heiß auf Trump..."
"Ihm ist es nicht so wichtig, was Politiker, sondern, was die Menschen denken. Meine Stimme hat er..."
"Trump kennt so viele Leute in der Welt, an die kann er sich wenden und um ihre Hilfe bitten. Er ist ein schlauer Mann..."
"Die USA sollte so sein wie in den 50er- und 60er-Jahren – ein sehr sicheres Land."

Trump ist die Antithese zu Clinton

Trump ist die Antithese zu Hillary Clinton. Respekt vor altgedienten Republikanern wie Jeb Bush, Ted Cruz oder John Kasich? Fehlanzeige bei Donald Trump. Dafür in Twitterlänge gegossene Aussagen, die anecken und hängenbleiben. Die Politik auf links drehen. Direkt, manchmal rüde.
Im Fernsehen gibt er Interviews am laufenden Band – Hauptsache er bleibt im Gespräch. Er spielt die Klaviatur der Medien virtuos, weiß nach jahrelangen Auftritten im Reality TV mit seiner Show "The Apprentice" – wo er Lehrlinge für Führungsjobs anstellte oder feuerte –, wie man kurz und prägnant formuliert.
Und er weiß, wie man etwas so knapp formuliert, dass es hängen bleibt. Die Geschmacksgrenze kann dabei auch schon mal komplett abtauchen. Die inhaltliche Tiefe gleich mit. Doch das scheint die Trump-Anhänger nicht zu stören. Wählerisch ist er mit seinen Worten nicht. Vor allem, wenn es um Frauen geht. Damit hat ihn Moderatorin Megyn Kelly bei der ersten Fernsehdebatte konfrontiert:
"Sie haben Frauen, die sie nicht mögen fette Schweine, Hunde, Schlampen und widerliche Tiere genannt."
"Nur Rosie O’Donnell...."
"Nein, das waren deutlich mehr. In ihrem Twitter-Account gibt es einige negative Kommentare zum Aussehen von Frauen. Sie haben bei einer Misswahl einer Kandidatin gesagt, dass es schön wäre, sie auf ihren Knien zu sehen. Meinen Sie das ist der Ton, den wir zum Präsidenten wählen sollen?"
"Ich finde das große Problem das dieses Land hat ist, so politisch korrekt zu sein."

Frauen sollen einfach nur gut aussehen

Frauen haben für Trump vor allem eine Aufgabe: gut auszusehen. Verheiratet ist er zum dritten Mal mit einem ehemaligen Model. Und als es im Wahlkampf um das Thema Abtreibung ging, hat er spontan gefordert, Frauen zu bestrafen, die abtreiben lassen. Später ruderte er zurück und relativierte die Aussagen.
Und Trumps Meinung ist mitunter flexibel. Noch vor Wochen wollte er keinen einzigen Moslem mehr ins Land lassen:
"Donald J. Trump ruft zu einer absoluten Abschottung auf. Es sollen keine Muslime mehr ins Land lassen, bis wir wissen, was vor sich geht."
Diese Aussage hat er inzwischen relativiert. Aber er verspricht nach wie vor:
"Ich würde den IS total zerbomben."

Trump spricht nie von Details

Wie genau er sich der Terrormiliz IS entledigen will – keine Details. Nur das Versprechen: ich mach das schon. Das Parteiestablishment der Republikaner hat ihn zu spät ernst genommen und sich dann lange gesträubt, Trumps Erfolg anzuerkennen.
"Er ist ein Hochstapler."
"Scharlatan."
"Der Ich-weiß-nix-Kandidat."
"Donald ist ein Rüpel."
"Das ist der Mann, der sich über einen behinderten Reporter lustig gemacht hat und die Fragen einer Journalistin auf ihre Periode zurückgeführt hat."
"Der vulgärste Mensch, der jemals Präsident wollte."
"Der Mann, der sich offenbar nur groß fühlt, wenn er andere klein machen kann."
"Er ist ein Depp."
"Diese Gier und Angeberei."
"Die Frauenfeindlichkeit und das Drittklässler-Theater...."
"Er ist fremdenfeindlich."
"Ein Nazisst wie ihn das Land nie gesehen hat...."
"Ein Oberkommandierender, der nicht fit für den Job ist."
"Seine Politik würde uns in eine Rezession führen."
"Ich bringe Menschen zusammen.... Alle lieben mich...."
"Er braucht eine Therapie."
Und mal theoretisch gesprochen: Wie würden die USA aussehen nach vier Jahren als US-Präsident. Rechtsanwalt und Hardcore Republikaner Gary Byler in Virginia Beach:
"Weil die Mauer steht, können wir zum ersten Mal realistische Diskussionen über solche Reisenden haben, die kein ordentliches Papier von der Regierungsdruckerei haben. Außerdem wären wir nicht in einen dummen Krieg gezogen – ein Grund, warum ich Trump wähle. Und wenn alles nach Plan geht, würde unsere Wirtschaft wieder blühen."
Latino Lobbyistin Fernanda Durand:
"Mehr Armut, Menschen auf der Straße. Kinder in Armut, die nicht zur Schule gehen. Trump als Präsident – das sind düstere Aussichten."
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