US-Popstar Prince

Ein Visionär des Musikmarketings

Der Sänger Prince beim einem Konzert im Rom im Jahr 2010
Vermarktete seine Konzertkarten lieber selbst: Prince bei einem Auftritt im Rom im Jahr 2010 © picture alliance / dpa / Fabio Campana
Von Tarik Ahmia · 22.04.2016
Prince prägte nicht nur die Popmusik des 20. Jahrhunderts. Er war auch ein Visionär im Marketing von Musik. Zum großen Missfallen der Plattenindustrie, mit der er sich mehr als einmal überwarf.
Das Bedürfnis, nicht von anderen abhängig zu sein, entwickelte Prince wohl schon als Kind: Er war sieben, als sich seine Eltern trennten und die Gewissheit familiärer Geborgenheit für ihn jäh endete.
Zunächst lebte Prince bei seiner Mutter. Mit zwölf Jahren zog er dann zu seinem Vater. Doch der warf ihn raus, als er gerade mal 14 war. Für Prince begann eine Odyssee von Umzügen, die erst mit seiner Volljährigkeit endete. Mit 18 bezog Prince seine erste eigene Wohnung und konnte endlich auf eigenen Beinen stehen.

500.000 Platten ließ er einstampfen

Seine erkämpfte Autonomie zu leben war Prince auch als Superstar wichtig. Sichtbar wurde das auch in exzentrischen Ritualen – wie etwa dem, auf Tourneen nicht gemeinsam mit seiner Band zu reisen, sondern dem Tourbus in der eigenen Limousine hinterherzufahren.
Wie sehr es der Superstar verstand, seinen Willen durchzusetzen, sollte jedoch vor allem die Musikindustrie zu spüren bekommen: Ein erster Warnschuss war 1987 das "Schwarze Album" von Prince. Das Label Warner Brothers hatte die Platte bereits 500.000 Mal pressen lassen, als der Musiker eine Woche vor dem Verkaufsstart entschied, die Veröffentlichung abzusagen. Das Album war ihm nicht gut genug. Prince erklärte: "Man kann jeden Moment sterben und wird danach beurteilt, was man zuletzt zurückgelassen hat." Die gesamte Produktion wurde eingestampft.

Schlammschlacht mit Warner Bros.

Anfang der 90er Jahre eskalierte das Verhältnis zwischen Prince und Warner endgültig, als das Label das Kreativgenie dazu drängte, weniger Alben zu veröffentlichen, als ihm lieb war. Prince fühlte sich in seiner künstlerischen Autonomie angegriffen, änderte aus Protest seinen Markennamen in ein unaussprechliches Symbol. Es war sein Sabotageakt gegen die gut geölten Vermarktungsmechanismen der Musikindustrie.
Durch die Schlammschlacht mit Warner Brothers verwandelte sich der "Artist Formerly Known As Prince" zu einem neuen Typus Musiker, der vormachte, wie Kreative im 21. Jahrhundert künstlerische und wirtschaftliche Unabhängigkeit als Einheit leben können: Sein Management hatte der Musiker schon Jahre zuvor entlassen, Geschäfte wickelte Prince nur noch in Eigenregie ab. Er begann, gleichzeitig auf mehreren Labels zu veröffentlichen und setzte alles daran, die sklavischen Fesseln eines Künstlers, der von nur einem Majorlabel abhängig ist, konsequent zu kappen: 1998 wurde Prince zum ersten etablierten Musiker, der ein Album ausschließlich im Internet veröffentlichte.

Ein durch und durch autonomer Künstler

Anfang der Nullerjahre begann Prince damit, neue Songs nur noch über seine eigene Vertriebsplattform im Netz als Download zu verkaufen. So konnte allein er – der durch und durch autonome Künstler – die Vermarktung seiner Musik steuern. Gleichzeitig wurde Prince zum Pionier der digitalen Zusatzgeschäfte: Fans konnten auf seiner Homepage zum Beispiel die besten Konzertplätze buchen und Karten für Soundchecks kaufen. Allerdings war Prince auch hier seiner Zeit wieder voraus: 2006, als andere Firmen noch dabei waren, das Netz als Vertriebskanal zu entdecken, machte er die eigene Musikplattform wieder dicht.
In den letzten zehn Jahren erlebte Prince ein moderates Comeback. Auch dabei behielt er die Zügel in der Hand und folgte seinem nach wie vor exzentrischem Instinkt: Zwar machte er sich von Fall zu Fall immer wieder die Vertriebsmacht großer Musikkonzerne zunutze. Doch gleichzeitig verschenkte Prince neue Alben als kostenlose Zeitungsbeilagen. Einmal brachte das Sony Music so zum Kochen, dass sich das Label weigerte, die Gratisbeilage regulär zu veröffentlichen.
Ein Visionär der Musikindustrie ist Prince bis zu seinem Tod geblieben. Allerdings die Art von Visionär, der für viele Zeitgenossen ein Rätsel bleibt. Die Tage des Internets hielt Prince in den letzten Jahren ebenso für gezählt wie das Konzept des Albums. Beim Streamingdienst Spotify ließ er seine Songs löschen, auch seine Präsenz auf Facebook und Youtube verschwand. Er wollte neue Wege zu seinem Publikum erkunden.
Übrig blieb der autonome Künstler Prince, der die öffentliche Wahrnehmung seines Images und seiner Musik bis ins letzte Detail inszeniert und kontrolliert. Damit wurde aus dem Trennungskind aus Minneapolis das Vorbild des autonomen, kreativen Weltstars im 21. Jahrhundert.
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