Unterhaltsamer Physikunterricht

Von Sigrun Damas · 09.11.2010
Wissenschaft kann Spaß machen. Diese Meinung vertritt Physiker Stefan Heusler von der Universität Münster. Damit der Oberstufenunterricht in Zukunft unterhaltsamer wird, hat er die mehrdimensionale DVD "Quantendimensionen" herausgebracht.
"Bob, der Professor – er ist verschwunden. Ich werde irgendwie nicht schlau daraus." - "Und was sollen wir da machen?" - "Wir müssen ihn suchen ..."#

Quantenphysik als Krimi. Eine rätselhafte Geschichte, von Anfang an. Alice und Bob suchen den verschwundenen Professor Omega. Sie gehen zu seinem Haus, stöbern dort überall herum und finden ihn nie, nur seinen Hausmeister – gespielt von dem Astrophysiker Harald Lesch.

"Also, wo der Professor ist, das weiß man nie so ganz genau. Er kann da sein und nicht da sein."

Omega ist die ganze Zeit anwesend, aber trotzdem nicht direkt beobachtbar. Großes Kino und hohe Physik zugleich. Physikdidaktiker Stefan Heusler erzählt die Geschichte von Alice, Bob und Omega – und zieht den ahnungslosen Zuschauer damit gleich ins Herz der modernen Physik, der Quantenphysik:

"Omega ist eine Schwingung von Lichtteilchen. Und diese Schwingung befindet sich gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten. Und diese zwei Orte sind in tatsächlichen Experimenten mehrere Hundert Kilometer voneinander entfernt. Das ist also nicht nur Fiktion. Und im Film hab ich quasi die Detektoren, die in der realen Physik Alice und Bob heißen, zu realen Schauspielern gemacht. Die zweite Idee ist, dass diese Schauspieler im Film Omega als reale Person suchen. Dummerweise finden sie sie nicht."

"Ich nenne es die Quantendimension. Die Schwingung in der Quantendimension ist nicht direkt beobachtbar."

So geht es munter weiter. Ein Erzähler führt den Zuschauer ein in die hochkomplexe Welt der Quantenphysik – während Alice und Bob sich immer weiter im wissenschaftlichen Labyrinth von Professor Omegas Haus verstricken.

"Hier spukt´s!" - "Wir sind Teil seines Experiments. Alles ist vorherbestimmt."

Schachbretter mit flackerndem Schwarz-Weiß-Muster, Lichtbrechungen und -reflexionen, wechselwirkende Schatten an der Wand. Wahrscheinlichkeit und Zufall, das ungreifbare Verhalten von Licht - der Film ist gespickt mit physikalischen Metaphern.

Stefan Heusler: "Ja, sehr viele. Vielleicht auch zu viele. Auf allen Ebenen: der Text – Zitate von Einstein sind da eingebaut. Oder auch der Determinismus, alles ist vorherbestimmt – dieser philosophische Streit. Da ist eben sehr viel drin. Sehr viele Dimensionen."

Sogar die Filmmusik hat Stefan Heusler nach mathematischen Prinzipien komponiert: Er experimentiert mit verschiedenen Frequenzen und deren Überlagerung. Aber die DVD bietet nicht nur gute Unterhaltung, sondern auch knallharte Wissenschaft. Eingeblendete Ziffern im Film verweisen auf die zweite Ebene der DVD, dargestellt als U-Bahn-Netz. Klickt man auf eine U-Bahn-Station erscheint die jeweilige wissenschaftliche Erklärung als Text und Animation.

"Die Binomiale Wasserpyramide. Alice und Bob stehen hier vor einem der wichtigsten Beispiele der klassischen Wahrscheinlichkeitsrechnung – der Binomialverteilung. Von dieser 'Wasserpyramide' lassen sich für die Quantenmechanik entscheidende Ideen ableiten, auf die wir in den weiteren Stationen zurückgreifen werden."

Berührt werden so nach und nach alle Themen der modernen Quantenphysik. Bis hin zu der Frage, ob ein Objekt oder ein Zustand an zwei Orten gleichzeitig existieren kann – auch wenn die Orte sehr weit voneinander entfernt sind?

"Einerseits ergibt sich dadurch, dass zumindest im Prinzip jede Information mit jeder anderen unsichtbar in Verbindung stehen kann. Diese Korrelationen existieren, auch wenn uns die Kenntnis darüber fehlt."

Stefan Heusler: "Es gibt ja sehr viele Bücher über das Thema, weil es unser Weltbild so aus den Angeln hebt. - Hä? Ein Objekt gleichzeitig an zwei Orten, das ist doch Nonsens, kann doch gar nicht sein! - Da ist viel geschrieben worden von esoterischem Unsinn bis zu guten Beschreibungen. Das Besondere an meinem Film ist, die Verknüpfung mit tatsächlichen Experimenten und das U-Bahn-Netzwerk an Erklärungen."

Alice: "Herr Professor? - Professor Omega, sind Sie da?"

Musik unter Folgetext

Stefan Heusler: "Letztlich ist die Kernaussage, dass es mehr als drei Dimensionen gibt. Die ist einfach experimentell belegt. Es gibt mehr Dimensionen – leider können wir sie nicht sehen. Man muss sich ja klar machen: Unsere Sinne sind nicht dafür gedacht, die Welt zu verstehen, sondern um zu überleben. Also ne Schmeißfliege sieht die Welt anders als ne Raupe oder ein Mensch."

Alice: "Das reinste Wunderland."
Bob: "Irre, und was soll das Ganze?" - "Keine Ahnung."

Die DVD ist gedacht für den Oberstufenunterricht in Physik. Aber auch wissenschaftlich interessierten Laien könnte sie Freude bereiten und einen unterhaltsamen Einblick in die Welt der hohen Physik bieten. Keine Angst vor der Quantenphysik. Auch das ist eine Botschaft von DVD-Macher Stefan Heusler:

"Ich glaube, dass das auch überstrapaziert wird, dieses Gefühl von: Haha, wenn ich mich mit Quantenphysik beschäftige, dann werde ich wahnsinnig. Die einzige Aussage, die gemacht wird, ist: dass es nicht nur digitale Informationen gibt. Die Welt besteht nicht nur aus Nullen und Einsen. Wenn ich das so sage, dann würde mir doch jeder zustimmen. Ich kann nicht die Welt auf ne DVD pressen, sondern es gibt etwas, was dahinter steht."

Sprecher DVD: "Folgen Sie mir in meine Dimension."

Service: Die DVD "Quantendimensionen" erscheint Mitte November im Klett-Verlag und kostet 29,95 Euro.