Umbau des Pergamonmuseums

Skandalöser Umgang mit den Besuchern

Besichtigung der Baustelle rund um das Pergamonmuseum in Berlin
Das Pergamonmuseum bleibt auf Jahre hin eine Baustelle. © dpa/picture-alliance
Von Nikolaus Bernau · 29.10.2016
Die Kosten steigen in Richtung einer halben Milliarde Euro, der Zeitplan ist völlig offen - die Pannen beim Umbau des Pergamonmuseums in Berlin mögen peinlich sein. Richtig ärgerlich aber ist, dass den Besuchern kein Alternativprogramm geboten wird.
Die Empörung von Kulturstaatsministerin Monika Grütters über die Umbaukosten des Pergamonmuseums und das Aus-dem-Ruder-laufen des Zeitplans darf man nicht allzu ernst nehmen. Grütters kennt sich hervorragend in den Angelegenheiten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz aus, sie muss schon vor langem gewusst haben, dass sich weder der Einweihungstermin 2019 noch die ganz ursprünglich einmal auf 277 Milliionen Euro festgelegte Baukostensumme in irgendeiner Form halten lassen. Hat doch sogar Stiftungspräsident Hermann Parzinger schon auf der vergangenen Jahrespressekonferenz zugegeben, dass 2025, auch 2030 für die Fertigstellung des Gesamtprojekts realistisch seien. Und die Bausumme wird schon länger mit wenigstens 385 Millionen Euro gehandelt, intern gehen die Mitarbeiter der Bauverwaltungen auch von einer halben Milliarde Euro aus.

Preußen-Stiftung kann sich auf den Bund verlassen

Wenn die Bundesbauverwaltung dem Stiftungspräsidenten Parzinger eine solche Entwicklung veschwiegen hätte, müsste sie umgehend entmachtet werden. Wenn Parzinger die Zeitverzögerung oder die Kostensteigerung der Kulturstaatsministerin verschwiegen hätte, müsste er seinen Posten räumen. Wenn eine solche Entwicklung der Kulturstaatsministerin verborgen geblieben wäre, hätte sie ihrer Aufsichtspflicht über die Preußen-Stiftung nicht genügt.
Es gibt keinen Grund an der guten Kommunikation zwischen der Bauverwaltung, Parzinger und Grütters zu zweifeln. Nein, hier zeigt sich wieder einmal, dass die Stiftung sich völlig auf den Bund verlassen kann, egal, wie teuer ihre Bauprojekte werden. Der seit jeher heftig umstrittene, jedes Verständnis von vorsichtigem Umgang mit historisch wertvollen Bauen in den Wind schlagende Radikal-Umbau des Pergamonmuseums ist ja keineswegs das einzige teure Projekt. Skandalös ist der Eingangsbau zur Museumsinsel, der gemeinerweise nach dem ehrbaren Kaufmann James Simon benannt wird - mit einer Kostensteigerung von 74 Millionen auf derzeit etwa 140 Millionen. Unvergessen der große Lesesaal der Alten Staatsbibliothek, der 250 Sitzplätze anbietet und 84 Millionen kostete, kaum weniger als die neue Universitätsbibliothek direkt nebenan mit 1200 Arbeitsplätzen und Stellplatz für 1,5 Millionen Bücher.

Pergamonaltar wird noch länger der Öffentlichkeit entzogen

Eisern will die Stiftung in Friedrichshagen ein neues Depotgebäude für die Ethnologischen Sammlungen errichten, dabei könnten die Museumsbauten in Dahlem ohne weiteres als Depot umgebaut werden. Auf dem Kulturforum entsteht - gerade wurde der Wettbewerbssieger Herzog und De Meuron bekannt gegeben - ein Neubau für die Nationalgalerie; einer für die Gemäldegalerie soll auch noch entstehen - und einer für das Museum Europäoscher Kulturen, ganz zu schweigen vom Humboldtforum, das auch im Wesentlichen von der Preußen-Stiftung genutzt wird.
Nein, über mangelnde Zuwendungsbereitschaft des Bundes im Baubereich muss die Stiftung nicht klagen. Ganz im Unterschied zu den Betriebsmitteln. Den Pergamonaltar und die Architektursäle, wie bisher geplant, für fünf Jahre der Weltöffentlichkeit zu entziehen, war schon eine Unverschämtheit. Niemals wäre das British Museum auf so eine Idee gekommen.
Nun soll der Altar noch weitere vier, fünf, oder sonst wie viele Jahre nicht zu sehen sein. Und es gibt immer noch - trotz vieler Versprechen Hermann Parzingers - kein einziges Ausgleichsprogramm, nicht einmal die Gipsabgüsse des Altars werden gezeigt. Das ist der eigentliche Skandal, nicht die steigenden Baukosten oder der gerissene Zeitplan.
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