Ulrike Lorenz – Präsidentin der Klassik Stiftung Weimar

"Es geht auch um die Modernisierung einer deutschen Identität"

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Ulrike Lorenz, die designierte Präsidentin der Klassik Stiftung Weimar, zwischen zwei Büsten von Goethe und Schiller.
Ulrike Lorenz, die designierte Präsidentin der Klassik Stiftung Weimar, meint, dass sich Kulturinstitutionen "sehr viel stärker auch politisch einbringen müssen." © picture alliance/Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa
Ulrike Lorenz im Gespräch mit Ulrike Timm · 20.05.2019
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Ulrike Lorenz ist eine der erfolgreichsten Museumsleiterinnen der letzten Jahre. Noch führt sie die Kunsthalle Mannheim, ab dem ersten 1. August beginnt ihre Zeit als Präsidentin der Klassik Stiftung Weimar – als erste Frau an der Spitze.
Warum Ulrike Lorenz unbedingt neue Präsidentin der Klassik Stiftung Weimar werden sollte? "Weil sie die Beste ist", sagte Benjamin Hoff, der thüringische Kulturminister. Zehn Jahren war Lorenz Direktorin der Kunsthalle Mannheim, im August wechselt die 56-Jährige in die Stadt von Goethe und Schiller. Die Wahl zur Präsidentin der Stiftung erfolgte bereits 2018, Gegenstimmen gab es keine.

Zwischen Lampenfieber und Neugier

Die Klassik Stiftung Weimar ist eine der größten Kulturstiftungen Deutschlands, beschäftig über 400 Mitarbeiter. "Es ist ein unendliches Reich, oder Kosmos, wie man das in Weimar gerne nennt", sagt Ulrike Lorenz. Dazu zählen Schlösser, Museen und Parkanlagen, oder auch die Anna Amalia Bibliothek.
Im Zentrum stehen für Lorenz aber "das Goethe-Haus, das Goethe-Nationalmuseum und das Schiller-Haus." Seit April zählt auch das Bauhaus-Museum Weimar dazu. Für Lorenz bedeutet das "ein Richtungswechsel im Selbstverständnis der Stiftung. Das macht es für mich auch sehr spannend, dort einzusteigen." Vor der neuen Aufgabe hat die Kunstmanagerin "Lampenfieber, Respekt aber auch Neugier". Und, da ist sich Lorenz sicher, nicht nur die Managerin wird in Weimar zu erleben sein. "Meine Liebe und meine Hochachtung vor Kunst, die ist so groß, dass ich sie immer wieder als Kraftquelle benutzen werde. Künstler machen etwas, was nicht vorhersehbar ist."
In Mannheim hat sich Lorenz vor allem mit der Moderne beschäftigt, mit 70 Millionen Euro einen Museumsneubau verantwortet, der termin- und budgetgerecht realisiert wurde. Dennoch, in Mannheim fehlte ihr in letzter Zeit der "Blick hinab in die Geschichte und auch die philosophischen Weiten. Es ist die Neugier da, das [in Weimar] zu vereinen."

Was können Goethe und Schiller uns heute noch sagen?

Aber, was können Goethe und Schiller uns heute noch sagen, in Anbetracht der derzeitigen politischen Umbrüche? Für Lorenz gibt es da zwei Antwortmöglichkeiten, "man kann es sich ein bisschen leichter, und man kann es sich ein bisschen schwerer mit den Klassikern machen." Die leichte Variante: "Es geht um einen grundlegenden Humanismus, um ein humanistisches Menschenbild, es geht um Weltgesellschaft." Und man kann es folgendermaßen erklären, so Lorenz: "Es geht auch um die Modernisierung einer deutschen Identität."
Und in diesem Kontext steht für die designierte Präsidentin der Klassik Stiftung Weimar fest, dass sich Kulturinstitutionen "sehr viel stärker auch politisch einbringen müssen – um zu orientieren, und um auch Politik zu beraten."

Wegschmeißen als Befreiung

Politisch aktiv war Ulrike Lorenz schon 1989/90. Im thüringischen Gera, wo sie 1963 geboren wurde, engagierte sich Lorenz in der Bürgerbewegung Neues Forum. Doch die Kunsthistorikerin entschied sich 1990 für die Kunst, baute in ihrer Heimatstadt das Otto-Dix-Museum auf. In ihrer Zeit entstand einer der größten Dix-Sammlungen in öffentlicher Hand.
Dabei kann sich Ulrike Lorenz auch von Dingen trennen. "Ich halte es mit Nietzsche der gesagt hat, 'man muss auch abwerfen'. Ich muss mich immer wieder auch befreien, ich schmeiße fast zu viel weg."
Was darf bleiben, was muss weg? Vor dieser Frage steht Ulrike Lorenz auch jetzt wieder, kurz vor ihrem Umzug nach Weimar.
(ful)
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