Überwachung

Wo die Video-Technik noch versagt

Überwachungskameras an einer Hauswand des Schleswig-Holsteinischen Landtags in Kiel.
Überwachungskameras an einer Hauswand des Schleswig-Holsteinischen Landtags in Kiel. © picture alliance / dpa / Markus Scholz
Nils Zurawski im Gespräch mit Dieter Kassel · 27.10.2016
Innenminister Thomas de Maizière will mehr Überwachungskameras in Bahnhöfen und Flughäfen. Aber bringt das wirklich etwas? Die Software hinke noch bei der schnellen Identifizierung von Personen hinterher, sagt der Überwachungsexperte Nils Zurawski.
Sie können schon viel – aber beileibe noch nicht alles: Videoüberwachungskameras in Bahnhöfen, Flughäfen oder Einkaufszentren. Wenn es nach Innenminister Thomas de Maizière (CDU) geht, sollen an diesen Orten noch viel mehr Kameras installiert werden.
Doch was bringt das? Tatsächlich sei es heute möglich, gestochen scharfe, farbige und helle Aufnahmen von Szenen und Personen aufzunehmen, sagt der Sozialforscher und Kriminologe Nils Zurawski. Bislang gelinge es aber noch keiner Überwachungs-Software, Situationen richtig einzuschätzen.
"Gerade Situationen, die sich entwickeln, sind so schwierig. Das ist immer noch die Krux, sozusagen. Sie können Dinge erkennen und auch bestimmte Abfolgen, Algorithmen, aber eine Situation dann so zu bewerten, vielleicht auch als harmlos zu bewerten, können Sie nur sehr schwierig."
Der Sozialforscher Nils Zurawski
Der Sozialforscher Nils Zurawski© Saskia Blatakes
Der große Traum der Überwachungstechniker sei es außerdem, Gesichter schnell und treffsicher zu erkennen und damit bestimmte Personen zweifelsfrei via Kamera zu identifizieren. Die Gesichtserkennung sei bereits erheblich besser als vor zehn Jahren. Jedoch müssten derzeit noch so viele Bedingungen für eine gute Erkennung erfüllt sein – Lichtverhältnisse, Dauer der Aufnahme, Aufnahmewinkel -, dass Menschen andere Menschen noch immer erheblich schneller erkennen würden als die aktuellste Software.
Einiges deute darauf hin, dass Überwachungskameras eine präventive Wirkung hätten, sagt Zurawski, der als Wissenschaftler an der Universität Hamburg tätig ist. Natürlich könne man dies nicht beziffern – Taten, die nicht begangen würden, seien schlecht erfassbar.
"Es gibt aber Hinweise darauf, dass es vor allem Menschen abhalten würde, die kontrolliert etwas tun wollen – also Einbrecher oder Bankräuber." Bei Affekttätern, gar Selbstmordattentätern liege die abschreckende Wirkung dagegen bei Null – denn vor allem einem Selbstmordattentäter sei ja "egal, ob er da wieder wegkommt oder nicht." Umfragen hätten im Übrigen ergeben, dass die Akzeptanz für Überwachungskameras erstaunlich hoch sei, so Zurawski.
"In allen Spontanumfragen, die es so gibt, ist die Akzeptanz so bei zwischen 50 und 80 Prozent. Denn es hängt immer ein bisschen davon ab, ob gerade etwas passiert ist oder nicht."
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