"Typisch deutsch?"

Dialekte

Kinderlieder auf Platt.
Kinderlieder auf Plattdeutsch. © dpa / picture alliance / Bernd Wüstneck
Von Matthias Baxmann und Matthias Eckoldt · 26.01.2017
Wie wirken deutsche Dialekte auf Menschen aus anderen Ländern? Während eine Taiwanesin von der Melodie des Sächsischen schwärmt und eine Türkin etwas Enthusiastisches im Bayerischen entdeckt, kann sich eine Finnin für das Badische begeistern..
Değer Akal, Türkei:
"Ich mag die deutschen Dialekte. Ich wusste nicht, dass sie so unterschiedlich sind. Dadurch habe ich geradezu das Gefühl, in einem anderen Land zu sein. Schwäbisch allerdings verstehe ich kaum. Bayerisch auch nicht, aber das finde ich interessant, weil es auf mich so enthusiastisch wirkt. Wenn ich einen Bayern in seinem Dialekt reden höre, denke ich immer: Der sagt jetzt etwas ganz Wichtiges, auch wenn er nur etwas ganz Alltägliches sagt."
Tiina Rajamäki, Finnland:
"Ich mag es sehr, an den Dialekten zu erraten, woher die Leute kommen. Den Berliner Dialekt erkenne ich gut. Da gibt es ja auch noch diesen charakteristischen türkischberliner Dialekt. Sächsisch erkenne ich auch. Die Bayern ebenfalls, da muss ich mich aber schon sehr konzentrieren, um die zu verstehen. Badisch höre ich von den deutschen Dialekten am liebsten. Das klingt sehr melodisch und freundlich. Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass ich dort liebe Freunde habe."
Yu-li Lin, Taiwan:
"Ich habe in der Sprachschule Hochdeutsch gelernt. Das aber spricht man nach meinen Erfahrungen nur in der Gegend um Hannover. Da ich viel in Deutschland unterwegs bin, habe ich erfahren, dass fast überall ein anderer Dialekt gesprochen wird. Das meiste davon ist für mich komplett unverständlich. Besonders Bairisch und dieses Plattdeutsch. Viele meiner Gesprächspartner bemühen sich allerdings, hochdeutsch zu sprechen. Vom Klang her finde ich das Sächsische schön. Die Leute aus Westdeutschland lachen über diesen Dialekt, nur weil Ulbricht gesächselt hat. Das ist jedoch ungerecht. Ich finde, das Sächsische klingt sehr melodisch und weich. Ich habe auch einige Freunde dort. Das sind sehr nette Menschen."
Peter Michael Dollé, USA:
"Die größten Schwierigkeiten mit dem deutschen Dialekt habe ich in Bayern. Meine Frau und ich fahren im Sommer manchmal auf eine Alm. Der Bauer dort ist ein sehr freundlicher Mann. Er kommt morgens an unseren Tisch und bringt uns Käse und Marmelade. Manchmal redet er ein wenig mit uns, aber ich verstehe kein einziges Wort. Sogar meiner Frau, die Deutsche ist, fällt das schwer. Sie kommt aus Berlin, beherrscht den Berliner Dialekt aber nicht, weil ihre Eltern immer darauf bestanden, dass sie nur Hochdeutsch spricht. Die Berliner verstehe ich gut, wenn sie denn mal berlinern. Auch mit den Norddeutschen habe ich keine Schwierigkeiten und erst recht nicht mit den Schwaben. Ich habe nämlich in Esslingen Deutsch gelernt. Und in der ersten Zeit hatte ich wohl selbst einen schwäbischen Akzent."
Dmitri Tultschinski, Russland:
"In Russland gibt es zwar auch Dialekte, aber die unterscheiden sich nicht annähernd so stark wie die der Deutschen. Der Berliner Dialekt ist mir noch einigermaßen zugänglich; dachte ich zumindest. Nun war ich aber kürzlich zum Haareschneiden. Die Friseuse hat so berlinert, dass ich kaum etwas verstanden habe. Auch wenn ich die Deutschen schlecht verstehe, wenn sie Dialekt sprechen, macht es mir Spaß zu erraten, wo sie jeweils herkommen. Ich sage dann zu meiner Frau: Der Mann dort kommt aus Mecklenburg. Der kommt aus Schwaben. Der aus dem Ruhrgebiet. Wenn sich die Chance ergibt, das zu überprüfen, liege ich oft richtig."

Unsere Serie "Typisch deutsch" wird seit dem 10.11.2016 an jedem Donnerstag um 17.50 Uhr in der Sendung Studio 9 ausgestrahlt. Die Autoren Matthias Baxmann und Matthias Eckoldt haben Korrespondenten aus rund 30 Ländern zu ihren Erfahrungen befragt. Dazu ist auch das Buch "Typisch deutsch" im Holiday Verlag erschienen.

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