Tschechien strahlt

Von Stefan Heinlein · 16.02.2012
Der beschlossene Ausbau des tschechischen AKW Temelin wird in Deutschland und Österreich mit Sorge beobachtet. In Tschechien dagegen freuen sich Lokalpolitiker und Bewohner über den geplanten Bau von zwei weiteren Reaktoren. Sie hoffen auf einen nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwung und viele neue Jobs.
Der Hofhund stört die Mittagsruhe in Temelin. Im Zentrum des 300-Seelen-Dorfes liegt die Gastwirtschaft. Über der Eingangstür leuchtet grell orange das Logo von CEZ. Der Energiekonzern hat den Saal der Kneipe als Kulturzentrum renoviert. Regelmäßig gibt es dort kleine Konzerte und Theatervorstellungen. Gastwirt Josef Strubinsky ist dankbar für die Finanzspritze:

"Das Kraftwerk bedeutet Arbeit für uns. Die Leute kommen zum Essen oder auf ein Bier vorbei. Wir könnten sonst hier nicht existieren. Sie werden niemanden in Temelin finden der das anders sieht."

An den Holztischen sitzen Arbeiter in blauen Overalls. Auch Petr und Martin sind Stammgäste. Sie sind in Temelin geboren und stolz auf ihr Atomkraftwerk:

"Das ist für uns eine ganz wichtige Sache. Das AKW gibt unserem Dorf jedes Jahr viel Geld für die Erneuerung der Straßen, der Gasleitungen oder der Sportplätze. Außerdem veranstalten sie für uns einmal im Jahr ein großes Fest."

Umgerechnet gut vier Millionen Euro jährlich investiert der halbstaatliche Energiekonzern CEZ in den Ausbau der Infrastruktur im gesamten südböhmischen Kreis, erklärt Temelin-Sprecher Marek Svitak. Man wolle ein guter Nachbar für die örtliche Bevölkerung sein.

"Unser Kraftwerk ist hier schon seit fast zehn Jahren in Betrieb und wir wollen noch lange Zeit bleiben. Wir arbeiten mit den Städten und Gemeinden eng zusammen. Wir renovieren Häuser oder die kaputte Kanalisation und finanzieren auch viele Kultur- und Sportprojekte."

"Jaderka" - Kernkraftwerkchen – so lautet der liebevolle Kosename des AKW bei den Menschen in Temelin. Seit 5 Jahren ist Petr Machacek der Bürgermeister. Der geplante Ausbau von Temelin sei eine Riesenchance:

"Das AKW hat bei uns die besten Bedingungen. Es wäre dumm diese zwei neuen Reaktoren nicht zu bauen. Das bringt viele Jobs und es kommen neue Leute und das ist sehr wichtig für unsere Region."

Dem Millionenengagement von CEZ haben die AKW-Gegner nur wenig entgegen zu setzen. Ihr Protest wird von den meisten Menschen mit Schulterzucken registriert und von den Medien weitgehend ignoriert, meint Edward Sequens von der Umweltschutzorganisation Kalla:

"CEZ kauft sich die Sympathien. Es fliessen jedes Jahr hunderte Millionen Kronen in die Region Südböhmen. Geld das die Städte und Gemeinden sonst nie erhalten würden. Die Zustimmung der Menschen zur Atomkraft wird ganz einfach mit Geld bezahlt."

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