Trumps Anhänger

Das letzte Aufbäumen des (weißen) kleinen Mannes

Trump-Anhänger in Siegeslaune auf dem Times Square in New York
Trump-Anhänger in Siegeslaune auf dem Times Square in New York © dpa / picture alliance / Sputnik / Alexey Filippov
Sylke Tempel im Gespräch mit Nana Brink · 09.11.2016
Nicht die von der Globalisierung faktisch Abgehängten bildeten die Anhängerschaft Trumps, meint Sylke Tempel. Sondern dahinter verbirgt sich vor allem der Protest weißer, älterer Männer gegen politische und kulturelle Veränderungen.
Trumps Rechnung, die Weißen an die Wahlurne zu holen, ist offensichtlich aufgegangen: Wenn man sich die demografische Struktur seiner Anhänger anschaue, seien es hauptsächlich "weiße ältere Männer, viele ohne Collegeabschluss", sagte die Chefredakteurin der Zeitschrift "Internationale Politik", Sylke Tempel, im Deutschlandradio Kultur. "Aber man darf nicht den Fehler machen zu denken, dass es die von der Globalisierung faktisch Abgehängten sind."

Trumps Anhänger sehen die weiße Vorherrschaft bedroht

Tempel zufolge hat die Entscheidung für Trump weniger ökonomische als kulturelle Hintergründe:
"Das sind Leute, die im Grund genommen finden, dass sie eigentlich immer die bestimmende Gruppe in der US-amerikanischen Gesellschaft waren und – guess what? – jetzt kommen andere Gruppierungen dazu: African Americans, Latinos und – God forbid – auch noch Frauen und die haben dann auch noch die Chuzpe, für das Amt des Präsidenten anzutreten, und dagegen muss man sich wehren."
Insofern sei damit auch ein Votum gegen kulturelle und politische Veränderungen verbunden, die bereits stattgefunden hätten. "In den optimistischen Momenten würde ich sagen, das ist ein letztes Aufbäumen dieser Wählergruppierungen, weil demografisch werden wir sehen in den USA, das wird sich verändern."

"Im Grunde genommen die eigenen Schlächter gewählt"

Offenbar ist die kulturelle Spaltung der USA weiter fortgeschritten, als man dies hierzulande wahrnimmt, so Tempel weiter.
"Man unterschätzt es ein bisschen auch, wie sehr bestimmte Gruppierungen in den USA sich Richtung Europa entwickeln wollen." Das wolle aber ein Großteil der Bevölkerung etwa im mittleren Westen nicht. "Die finden Europa nahe am Sozialismus mit einem Welfare State."
Gleichzeitig wären aber gerade die ehemaligen Industriearbeiter des "Rust Belt" diejenigen, die diese Art von Unterstüzung brauchten. "Die werden am meisten darunter leiden, dass es diese Art von Unterstützung nicht gibt", betont Tempel. "Das ist ja das Absurde. Sie haben im Grunde genommen ihren eigenen Schlächter gewählt."
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