Trip durch die europäische Punkszene

Von Bernd Sobolla · 14.06.2011
Bands wie die "Sex Pistols" oder "Ramones” gehörten in den späten 1970er und 1980er-Jahren zu den Ikonen des Punks. Heute existieren die Bands nicht mehr und viele ihrer Protagonisten sind tot. Doch der Punk selbst lebt. Diese Erfahrung machten zumindest die Regisseurinnen Francesca Araiza Andrade und Julia Ostertag.
Wut und Aufstand gegen Ungleichheit, so drücken Punks seit rund 35 Jahren ihre Haltung aus. Kamen die ersten Bands aus den USA und England, zeigt der Film "Noise and Resistance" Gruppen aus ganz Europa.

Die Bewegung ist keineswegs tot, aber, das wird schnell klar, die Gründe sich dem Punk anzuschließen, sind damals wie heute fast identisch: Keiner will sich verkaufen oder den Zwängen von Industrie und Gesellschaft unterwerfen. Mache dein Ding! Spiel deine Musik! Und höre auf niemanden, der dich davon abbringen will! So lassen sich die Statements von dutzenden Interviewpartnern zusammenfassen.

Die Musik der heutigen Bands, das ist etwas enttäuschend, hat sich kaum verändert. Es wird schnell und hart gespielt, eher geschrien und angeklagt als gesungen. Aber das Lebensgefühl der Punkmusiker ist vielschichtiger und weniger destruktiv als früher. Die norwegische Band "La Casa Fantom" zum Beispiel lebt ganz naturverbunden.

"Gemeinsam mit Freunden haben wir uns in der Nähe von Oslo unsere eigenen Häuser im Wald gebaut. Dort leben wir seit zehn Jahren, benutzen das Wasser aus dem Fluss, bauen unser eigenes Gemüse an, haben Komposttoiletten und versuchen, möglichst wenig Spuren in der Natur zu hinterlassen."

In den Niederlanden unterstützt die Band "Seein Red" Gewerkschaftsaktionen. Und in England haben Punks die Vertriebsplattform "Active Distribution" gegründet, über die sie CDs und DVDs, T-Shirts, Comics und anarchistische Poster verkaufen. Dennoch wirken die West-Europäer ein bisschen anachronistisch.

Wirklich spannend wird der Film, wenn er die Punkszene in Russland und Weißrussland vorstellt. Länder, in denen Korruption und Unterdrückung zum politischen Alltag gehören, in denen ein Prozent der Bevölkerung als superreich gilt und die Massen ums Überleben kämpfen. Dort artikulieren Bands wie "What we feel" oder "Politzek" den Aufschrei der Subkultur. Außerdem steht ihre Musik – versetzt mit Folkelementen – für den Kampf gegen Neonazis.

Filmhomepage "Noise and Resistance"