Trauben sind für Hunde tabu

Von Udo Pollmer · 13.03.2011
Nicht alles, was der Mensch als Leckerbissen betrachtet, ist auch für das Schoßhündchen oder die Mietzekatze vorteilhaft. Bekanntes Beispiel ist die Schokolade. Sie ist zwar lecker, aber sie kann einen Hund relativ schnell vom Diesseits ins Jenseits befördern. Doch es gibt noch mehr solcher Beispiele.
Schon viele Hunde, aber auch Füchse und Dachse haben das Naschen von Schokoprodukten mit ihrem Leben bezahlt. Verantwortlich sind dafür die Inhaltsstoffe, um derentwegen der Mensch Schokolade isst, nämlich das Theobromin und die Polyphenole. Ebenfalls schädlich für Hunde sind Macadamianüsse. Diesmal ist die Ursache unbekannt. Aber Nüsse sind zweifelsohne nicht dafür gedacht, vom Gebiss eines Hundes zerlegt zu werden. Da ist die freie Wildbahn ausnahmsweise sicherer als unsere Wohnzimmer mit einer Schale voll Knabberzeug.

Aber es gibt mehr Leckereien, die ein Haustier unerwartet vom Diesseits ins Jenseits befördern können. Wie wär's mit Trauben oder Rosinen? Schon manch ein Dackel hat den Verzehr eines Rosinenkuchens oder einer Handvoll frischer Trauben nicht überlebt. Dahinter stecken keine heimtückischen Vergiftungsaktionen, sondern ein unbekannter Wirkstoff, der zu Nierenversagen führen kann.

Die üblichen Verdächtigen scheiden diesmal aus: Sulfit zur Behandlung von Trauben und Rosinen, Pestizidrückstände, Traubenkerne, Oberflächenbehandlungsmittel, Schimmelgifte. Die Todesfälle waren ganz unterschiedlichen Traubensorten geschuldet, egal ob aus dem Laden oder dem eigenen Garten, sogar die Kerne scheiden als Ursache aus. Es ist offenbar ein Naturstoff im süßen Fruchtfleisch. Die Empfindlichkeit schwankt von Hund zu Hund ganz erheblich.

Bis heute tappt die Fachwelt im Dunkeln. Vielleicht ist es ein Abwehrstoff gegen Fraßfeinde wie im Kakao die Polyphenole? Beeren werden in freier Wildbahn von Vögeln verbreitet und nicht von Wölfen. Als Fleischfresser sind sie dafür wenig geeignet. Ein ähnlicher Zusammenhang liegt der beachtlichen Giftigkeit von Benzoesäure für Katzen zugrunde. Dieser Konservierungsstoff kommt von Natur aus in zahlreichen Beeren vor. Katzen als Mäusefänger haben nicht mal Geschmacksnerven für Süße, damit sie nicht auf die dumme Idee kommen, irgendwelche bunten Beeren zu fressen.

Nicht zufällig sind einige Beeren wie Tollkirschen auch für uns Menschen giftig. Dem Federvieh, das zu ihrer Verbreitung beiträgt, macht das rein gar nichts aus. Was für Vögel gut ist, kann dem Menschen also durchaus Schaden zufügen. So wäre es denkbar, dass der fragliche Inhaltsstoff in Trauben und Rosinen nicht nur dem einen oder anderen Hund an die Nieren geht, sondern vielleicht auch dem einen oder anderen Esser. Nicht wenige Menschen pulen mit Hingabe die Rosinen aus dem Kuchen, bevor sie ihn verspeisen. Vielleicht gibt es dafür im Einzelfall gute biologische Gründe.

Das nächste Beispiel ist noch kurioser: Eine beliebte Frucht, die nicht nur für Hund und Katz problematisch ist, sondern auch für zahllose andere Tierarten, angefangen von Papageien über Reptilien bis hin zu Pferden. Es ist die Avocado. Für die Verbreitung ihrer großen Kerne sind angeblich nur größere Säugetiere wie das inzwischen ausgestorbene Riesenfaultier geeignet. Aber irgendwie hat es der Baum auch ohne deren Hilfe geschafft. Als Gift steht eine Substanz namens Persin in Verdacht, mit dem sich die Pflanze unerwünschte naschhafte Mäuler vom Leibe hält. Schließlich ist der hohe Fettgehalt ihrer Früchte für die meisten Tiere ein gefundenes Fressen.

Diese Zusammenhänge zeigen uns erstens: Obst ist nicht per se gesund. Zweitens, dass man Ernährungsversuche mit Labortieren nur mit Bedacht auf den Menschen übertragen kann. Das gilt für die Schädlichkeit gleichermaßen wie für günstige Effekte. Und drittens: Die Individuen unterscheiden sich. Das gilt nicht für Hund, Katz und Maus, auch Menschen reagieren ganz unterschiedlich auf einzelne Lebensmittel. Mahlzeit!

Literatur:
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