Tom Bouman: "Auf der Jagd".

Ein Kümmerer als Dorfpolizist

Buchcover von "Auf der Jagd" von Tom Bouman, im Hintergrund ein Feld in Pennsylvania
Buchcover von "Auf der Jagd" von Tom Bouman, im Hintergrund ein Feld in Pennsylvania © Verlag Ars Vivendi / imago / Deutschlandradio
Von Sonja Hartl · 16.06.2017
Die Leiche eines Unbekannten bringt Unruhe nach Wild Thyme: In Tom Boumans Krimi "Auf der Jagd" wollte Henry Farrell als Dorfpolizist eigentlich eine ruhige Kugel schieben. Mit der Kraft der Langsamkeit macht er sich an die Aufklärung des mysteriösen Falls – der gleichzeitig das Leben in der US-Provinz auf wunderbare Weise schildert.
Die Leiche eines Unbekannten bringt Unruhe nach Wild Thyme: In Tom Boumans Krimi "Auf der Jagd" wollte Henry Farrell als Dorfpolizist eigentlich eine ruhige Kugel schieben. Mit der Kraft der Langsamkeit macht er sich an die Aufklärung des mysteriösen Falls – der gleichzeitig das Leben in der US-Provinz auf wunderbare Weise schildert.
Henry Farrell kann nicht schlafen. Also ist der Ex-Soldat und Witwer in seine Heimat Wild Thyme im ländlichen Nordosten Pennsylvanias zurückgekehrt und hat den Posten eines Dorfpolizisten übernommen, um ein wenig Ruhe zu finden. Doch dann wird auf dem Grundstück von Aubrey Dunigan eine Leiche gefunden. Und Henry glaubt ihm, dass er mit der Leiche nichts zu tun habe – obwohl der alte, demente Mann doch gerade erst jemanden mit der Schrotflinte angeschossen hat.
Auf angenehm unaufgeregte Weise begibt sich Henry Farrell daraufhin auf die Suche nach dem Mörder und die Identität der gefundenen Leiche. Er führt Gespräche mit den Anwohnern und fährt immer wieder durch die Gegend, die eine zentrale Rolle in "Auf der Jagd" von Tom Bouman spielt. Mit wenigen Worten gelingt es Bouman, die Stimmung und Gefühlswelten dieses Ortes zu erwecken. Hier leben alteingesessene Familien, allesamt Nachkommen irischer Einwanderer, die einst in den Appalachen siedelten.

Alkoholschmuggel, Holzdiebstahl und Drogenküche

Dazu gehören ehrliche Familie wie die Henry Farrells, aber auch die Stiobhards, die seit jeher Gesetze umgehen, gegen die Regierung sind und aus allem Profit schlagen, was das Land hergibt. Sie haben Alkohol geschmuggelt, sind Holzdiebe und Wilderer. Aber auch in Wild Thyme ändern sich die Zeiten: Deshalb kochen Familien wie die Stiobhards nun Meth und Drogenkartelle agieren in der Region. Hinzu kommt eine legale Bedrohung: Angeblich gibt es ein riesiges Schiefergas-Vorkommen, daher verkaufen immer mehr Landbesitzer an die Konzerne und sind im Hintergrund stets die Gas-Drilling-Geräusche zu hören.
Fracking-Unternehmungen und Meth-Labore sind eine unheilvolle Kombination, aber Tom Bouman gelingt es, diese Szenerie glaubwürdig zu entwickeln. Dazu trägt insbesondere seine Hauptfigur Henry Farrell bei. Er hat für die USA in Somalia gekämpft, seine Frau durch eine Krebserkrankung verloren, die vermutlich durch Umweltgifte hervorgerufen wurde, und sucht nun einen Weg, mit seinem Leben weiterzumachen. Dabei sagt er von sich selbst, dass er ausgebildet wurde, um sich zu kümmern.

Mit der Kraft der Langsamkeit

Also kümmert er sich um die Menschen und Fälle, indem er vor allem auf die Kraft der Langsamkeit zurückgreift, die er beim Jagen und Bluegrass gelernt hat. Geduldig rekonstruiert er nach und nach die Umstände, die zu dem Ableben des Unbekannten geführt haben und lässt sich weder von der Ermordung seines Deputys noch einem weiteren Leichenfund aus der Ruhe bringen. Dabei erscheint er wie alle anderen Charaktere in diesem Buch sehr wirklichkeitsecht, sodass es insbesondere die Schilderung des Lebens in dieser Gegend ist, die von "Auf der Jagd" bleibt.

Tom Bouman: Auf der Jagd
Aus dem Amerikanischen von Gottfried Röckelein
Verlag Ars Vivendi, Cadolzburg 2017
290 Seiten, 20 Euro

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