Tipps zum korrekten Kleidungskauf

    Vorsicht vor Vintage und Co.

    Ein Stapel mit Jeanshosen in einem Geschäft in Berlin.
    Nicht jeder Jeans ist anzusehen, unter welchen sozialen und ökologischen Bedingungen sie hergestellt wurde. Problematisch ist die Bearbeitung mit Quarzsand. © dpa-Zentralbild/Jens Kalaene
    16.01.2017
    Bei der Fashion Week in Berlin spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle. Abseits der Laufstege fällt es schwer, ethisch und ökologisch korrekte Kleidung zu kaufen. Wir erklären, warum "knitterfreie" Hemden bedenklich und Jeanshosen im Vintage-Look mitunter verwerflich sind.
    Die Kunden in Deutschland geben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes jährlich mehr als 60 Milliarden Euro für Kleidung aus. Zugleich landen über 750.000 Tonnen gebrauchter Kleidung in der Altkleidersammlung. Das entspricht 1,5 Milliarden Textilien und rund 47.000 gefüllten Lastwagen. Ermittelt hat diese Zahlen der Dachverband "FairWertung", ein Netzwerk von gemeinnützigen Organisationen, die Altkleider sammeln.

    Was bedeutet "faire" Mode?

    Nachhaltigkeit ist seit Jahren ein Trend der am Dienstag beginnenden Fashion Week. Abseits solcher Mode-Events ist es aber gar nicht so leicht, korrekt hergestellte Klamotten zu kaufen. Wir haben die Antworten auf die wichtigsten Fragen:

    Mit fairer Mode sind vor allem die sozialen Bedingungen gemeint, unter denen Frauen und Männer arbeiten, um die Produkte herzustellen. In vielen Fällen stehen die Produktionsstätten in Ländern wie etwa Bangladesch oder Indien. Nur, weil ein Unternehmen den dort geltenden Mindestlohn zahlt, ist das Produkt nicht automatisch "fair" produziert. Offizielle Mindestlöhne sind oftmals so niedrig, dass sie den Angestellten und ihren Familien nicht für ihr Leben reichen. Deshalb sollten Sie darauf achten, dass ein Unternehmen Existenz sichernde Löhne zahlt. Zu den sozialen Standards gehört zum Beispiel auch das Recht, zu streiken.
    Sozial- und Umweltkriterien sind, was Mode angeht, nicht voneinander zu trennen. Giftige Chemikalien in der Kleidung sind nicht nur umweltgefährdend, sie schaden auch der Gesundheit der Produzenten. Deshalb sollten Sie nicht nur darauf achten, ein "fair" produziertes Kleidungsstück zu kaufen. Wichtig ist, dass es nachhaltig hergestellt wurde.
    Nicht nur in Bangladesch haben sich in überfüllten Textilfabriken folgenschwere Unfälle ereignet. In dem asiatischen Land wird über die Entschädigung der Opfer und Angehörigen und über die Sicherheitsbedingungen der Textil-Industrie diskutiert.
    Nicht nur in Bangladesch haben sich in überfüllten Textilfabriken folgenschwere Unfälle ereignet. In dem asiatischen Land wird über die Entschädigung der Opfer und Angehörigen und über die Sicherheitsbedingungen der Textil-Industrie diskutiert.© Imago Stock & People

    Was habe ich beim Einkaufen zu beachten?

    Leider mangelt es großen Mode-Ketten noch an Transparenz. In vielen Textilien stecken Rückstände chemischer Mittel, die nicht gekennzeichnet sind. Sie gelangen über die Waschmaschine ins Abwassersystem. In manchen Fällen reizen sie die Haut und lösen Allergien aus.
    Der Einkaufsführer "Korrekte Klamotten - Labels für nachhaltige Textilien" empfiehlt, auf Hinweisschilder zu achten. Stehe zum Beispiel "separat waschen", "knitterarm" oder "bügelfrei" auf einem Kleidungsstück, deute das lösliche Farbstoffe und andere chemische Substanzen hin.

    Muss nachhaltige Mode teuer sein?

    Das ist nicht viel teurer als Markenmode. Zwar kann Bekleidung zu Schnäppchenpreisen nicht fair und ökologisch sein. Ein hoher Preis garantiert aber keine nachhaltige Produktionsweise.
    "Wenige Cents würden reichen, um den Näherinnen ein Existenz sicherndes Gehalt zu ermöglichen", sagt Dirk Petersen, Umweltexperte der Verbraucherzentrale Hamburg. So würden Näherinnen in Indien zum Teil einen Mindestlohn von umgerechnet 100 Euro erhalten, 160 Euro seien aber mindestens nötig, um ihre familiäre Existenz zu sichern.
    Was die Umweltverträglichkeit angeht, sorgte ausgerechnet die alles andere als günstige Outdoor-Kleidung von Marken, wie The North Face und Mammut zuletzt negative Schlagzeilen. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat in der Kleidung aller großen Outdoor-Hersteller gesundheitsgefährdende polyfluorierte Chemikalien gefunden. Die PFC-Konzentration in den Läden der Marken sei bis zu 60-mal höher als in Vergleichsräumen wie Büros oder Seminarsälen.
    Ein in Bangladesch produziertes T-Shirt.
    Ein in Bangladesch produziertes T-Shirt. Der Hinweis, es getrennt zu waschen, sollte Verbraucher stutzig machen.© picture alliance / Lars Halbauer

    Warum sind Jeans im Vintage-Look verwerflich?

    Weil diese Produktionsweise die Gesundheit der Männer und Frauen in den Fabriken lebensbedrohlich gefährdet. Noch immer lassen große Firmen Jeans im Vintage-Look nämlich mithilfe der Sandstrahltechnik herstellen. Insbesondere in der Türkei soll es zahlreiche Fabriken geben, die auf diese Weise arbeiten. Die Angestellten atmen giftigen Quarzsand ein, das erhöht das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Kaufen Sie lieber abgewetzte Jeans aus einem Second-Hand-Laden.

    Welchen Siegeln kann ich vertrauen?

    Es gibt firmenunabhängige Siegel, aber auch solche, mit denen Unternehmen sich selbst auszeichnen. International etabliert ist zum Beispiel das "GOTS"(Global Organic Textile Standard)-Siegel. Es kennzeichnet die Einhaltung ökologischer und sozialer Kriterien und verrät den Anteil der Bio-Fasern eines Produktes. Ein Vorteil der "GOTS" gelabelten Produkte - ihre Preise sind erschwinglich.
    Das "IVN-Best-Siegel" gilt als strengstes Label für Naturtextilien. Die Produkte bestehen komplett aus Naturfasern aus kontrolliert biologischem Anbau und aus kontrolliert biologischer Tierhaltung. Die sozialen Standards sind ebenfalls sehr hoch.

    Gibt es korrekte Kleidung auch bei großen Mode-Ketten?

    Zumindest gehören Bio-Klamotten mittlerweile zum Sortiment großer Mode-Unternehmen. H&M wirbt für seine "Conscious Collection", C&A bietet eine "We love Cotton"-Kollektion an. Bio heißt aber nicht automatisch, dass die Mode allen ökologischen und ethischen Ansprüchen entspricht.
    "H&M sagt, dass die Kleidung aus Bio-Baumwolle besteht, wir wissen aber nicht, welche synthetischen Mittel für die Weiterverarbeitung benutzt wurden", sagt der Verbraucherschützer Dirk Petersen. Um Kleidung zu färben, benutze der Konzern etliche Chemikalien, ohne das transparent zu machen.
    Geht es nach Petersen, sollten die großen Handelsketten ihre Kleidung unabhängig prüfen lassen statt eigene Siegel für ihre Produkte zu erfinden. Auf diese Weise ließe sich als Kunde besser nachvollziehen, unter welchen Bedingungen das Unternehmen seine Produkte herstellen lässt.

    Sollte ich lieber im Geschäft kaufen als im Internet?

    Klare Antwort: jein! Einerseits verschwenden Online-Kunden, die häufig Kleidungsstücke auf Verdacht bestellen und dann zurückschicken, Verpackungsmaterial und sorgen für überflüssige Fahrten der Paketdienste. Andererseits ist den Online-Anbietern auch einiges zu verdanken. "Es ist immer noch schwierig, im normalen Einzelhandel Bio-Produkte zu bekommen", sagt Umwelt-Experte Petersen, "aber im Internet gibt es einige Möglichkeiten, solche Artikel zu bestellen".
    (mau)
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