Themenwoche Energiewende

Wohin mit dem Atomschrott in Bayern?

Wasserdampf steigt am 21.03.2011 vom Kühlturm auf dem Gelände der Kernkraftwerke Isar 1 und 2 nahe Essenbach bei Landshut (Niederbayern) auf.
Das Gelände der Kernkraftwerke Isar 1 und 2 nahe Essenbach bei Landshut in Niederbayern © picture alliance / dpa / Armin Weigel
Von Lorenz Storch · 10.03.2016
Der Ausstieg aus der Kernkraft in Deutschland ist beschlossen. Doch der Rückbau und die Entsorgung der Meiler werden Jahrzehnte dauern - und sind teuer. Diese schwierige Aufgabe jedoch ist noch nicht gelöst. Das zeigt sich auch in Bayern.
Kernkraftwerk Obrigheim am Neckar. Eines der ältesten in der Republik. In Betrieb bis 2005. Und heute auch einer der ersten Atommeiler, der kontrolliert abgerissen wird. Im Rückbau-Kontrollraum hinter einer Metalltür zeigt Michael Hillmann sein Reich. Zwei Mitarbeiter sitzen vor einer Wand voll mit Bedienelementen und Monitoren, und schauen konzentriert auf die Instrumente.
"Wir haben hier die unterschiedlichsten Bedienpulte. Wir haben hier die Möglichkeit, über 17 installierte Kameras im Gesamtsystem des Reaktorgebäudes alle Prozesse beobachten zu können."
Den Raum, den die Kontrollbildschirme zeigen, darf kein Mensch betreten. Lebensgefahr!
"Wenn wir jetzt auf diese Monitore schauen, sehen wir gerade den interessanten Zustand. Sie haben hier von oben nach unten herunterhängen den Reaktordruckbehälter. Das sind 120 Tonnen, die dort in einer geschlossenen lufttechnischen Einhausung herunterhängen."

Suche nach einem Endlager

Mit einem ganzen Arsenal von Instrumenten, vom Plasmaschneider über das Kohlenstoffschwert bis zur Roboterhand, muss dieser Riesenschrottberg nun zerlegt werden. Ferngesteuert! Arbeit für viele Monate.
Wie langwierig es wird, die strahlenden Überreste der Kernenergie zu beseitigen, weiß auch die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf von der CSU. Im Freistaat gibt es allein fünf Atomkraftwerke. Jedes eine Generationenaufgabe!
"Der Rückbau an sich dauert mit Sicherheit 20 Jahre. Das ist so der Erfahrungswert, den wir haben. Und den wollen wir zügig voranbringen. Aber immer mit absoluter Sicherheit im Vordergrund."
Außerdem ist die schwierigste Frage noch immer ungelöst: Wohin mit dem strahlenden Müll? Nach dem Aus für Gorleben soll ja nun auf einer "weißen Landkarte" ganz von vorn nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle gesucht werden. Immer wieder war dafür auch der Granit des Bayerischen Walds im Gespräch. Doch die CSU-Umweltministerin weiß schon jetzt:
"Vor einigen Jahren hat mein Haus ja schon eine Untersuchung angestellt, was den Granit anbetrifft. Der ist geologisch sehr labil, so dass ich mir persönlich nicht vorstellen kann, etwas in Bayern zu finden."

Vielleicht bleibt der Atommüll an den Kraftwerksstandorten

In jedem Fall ist der Weg zu einem Endlager für hochradioaktive Abfälle noch sehr weit. Die Schätzungen reichen inzwischen bis ins nächste Jahrhundert. Aber immerhin: Für schwach- und mittelradioaktive Abfälle – die Klasse, zu der die meisten Überreste eines abgebauten Reaktors gehören – ist das Endlager eigentlich schon gefunden: Schacht Konrad, ein stillgelegtes Eisenerzbergwerk im niedersächsischen Salzgitter.
Dort soll auch ein Großteil des Schrotts aus dem alten Kernkraftwerk Obrigheim landen, dessen Rückbau schon weit fortgeschritten ist. Allerdings, sagt der Sprecher des Obrigheim-Betreibers EnBW, Ulrich Schröder:
"Nun ist es so, dass derzeit kein Inbetriebnahmedatum fest steht. Es heißt nur, nicht vor 2022. Also kein konkretes Datum. Insofern: Ja, wir haben an dieser Stelle ein Problem!"
Selbst wenn die Kühltürme und Reaktorkuppeln nach Jahrzehnten verschwunden sind, der atomare Müll wird dann womöglich noch immer an den Kernkraftwerksstandorten bleiben. Einfach mangels Alternative.
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