Texte der Klage, gewidmet den Opfern des NSU-Terrors

"Ich kaufe ein in diesem Laden"

Weiße Rosen liegen am 08.11.2013 vor der Gedenktafel für Habil Kiliç, ein Todesopfer des NSU-Terrors, in München (Bayern). Das Mahnmal soll hier an die insgesamt zehn Menschen erinnern, die zwischen 2000 und 2007 mutmaßlich durch die Terrorzelle ermordet wurden. Der Stein führt die Namen der zehn Getöteten, die Orte und das jeweilige Datum der Verbrechen auf.
Rosen vor der Gedenktafel für Habil Kiliç, ein Todesopfer des NSU-Terrors, in München (Bayern). © pichture alliance / Inga Kjer
Von Esther Dischereit · 05.05.2017
Aus Mitgefühl für die Angehörigen der Opfer der rechtsextremistischen Morde. Eine Anklage der unterbliebenen Ermittlungen. Esther Dischereits "Klagelieder" sind Zeichen an die, die trauern, die weiterleben - in deutscher und türkischer Sprache.
"Klagelieder" nennt die Schriftstellerin Esther Dischereit acht Texte, in denen sie von den Menschen spricht, die in den Jahren 2000 bis 2007 in Deutschland ermordet wurden. Letztes Opfer war eine Polizistin, doch neun der zuvor Getöteten gehören zu eingewanderten Familien. Sie waren Lebensmittelladenbesitzer, Blumenhändler, Betreiber eines Schlüsseldienstes, eines Internet-Cafés und anderer Gewerbe.

Aufklärung behindert, Akten vernichtet

Ihre Angehörigen wurden zunächst verdächtigt, selbst in kriminelle Milieus verstrickt zu sein. Es dauerte viele Jahre, bis Polizei und Justiz die Verbrechen als rassistisch motiviert erkannten und gegen rechtsterroristische Gewalttäter ermittelten. Die Aufklärung wurde behindert, Akten vernichtet, Dokumente verschwanden in Tresoren, Adressenlisten blieben unberücksichtigt.

Esther Dischereits "Klagelieder" sind Zeichen an die, die trauern, die weiterleben - Zeichen des Mitgefühls und der Anklage. Sie richten sich an diejenigen, die allein gelassen wurden, an die zu Unrecht geschmähten Familien.

Übersetzung aus dem Türkischen mit Unterstützung des Goethe Instituts: Saliha Yeniyol.
Die Autorin Esther Dischereit 
Die Autorin Esther Dischereit © Deutschlandradio / Bettina Straub
(Wdh. v. 03.09.2013)

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