Symbolfigur des afrikanischen Unabhängigkeitskampfes

Von Wim Dohrenbusch · 02.07.2010
Patrice Lumumba, erster Ministerpräsident des unabhängigen Kongo, rechnete 1960 in einer Rede mit den belgischen Unterdrückern ab und musste dafür mit seinem Leben büßen.
Seine Eltern nannten ihn nach der Geburt Tasumbu Tawosa, ehe Priester einer katholischen Missionsschule ihn auf den Namen Patrice tauften. Aber es dauerte nicht lange, bis alle den selbstbewussten Jungen Lumumba riefen, was soviel heißt wie "aufrührerische Massen". Später arbeitete er auf einem Postamt und bei einer Brauerei, landete wegen Unterschlagung im Gefängnis und gründete 1958 die "Kongolesische Nationalbewegung" MNC.

Als Belgien zwei Jahre später das Land in die Freiheit entließ, hatte die MNC gerade die Parlamentswahlen gewonnen und Patrice Lumumba wurde erster Ministerpräsident des Kongo – neben Präsident Kasavubu. Ehrengast der Unabhängigkeitsfeier in Leopoldsville, dem heutigen Kinshasa, war der junge belgische König Baudouin, der die Kolonialherrschaft in höchsten Tönen pries. Die Unabhängigkeit des Kongo sei nur der großen Weisheit König Leopolds zu verdanken und den Belgiern, die sein Werk fortgesetzt hätten.

Ein Auftritt Lumumbas war nicht vorgesehen. Doch der Premier setzte sich über das Protokoll hinweg, griff zum Mikrofon und rechnete mit den Unterdrückern ab.

"Wir sind verspottet und beleidigt worden. Wir haben unablässig Schläge bekommen, morgens, mittags und abends, weil wir Neger waren. Wir werden nicht vergessen, dass ein Schwarzer immer nur geduzt wurde – nicht weil er als Freund angesprochen wurde, sondern weil die höfliche Form den Weißen vorbehalten war."

Der Ministerpräsident hatte damit den Höhepunkt und zugleich das Ende seiner politischen Karriere erreicht. Ein halbes Jahr später sollte Patrice Lumumba ermordet werden – mithilfe Belgiens und der USA. Belgien war empört, die USA sahen ihn, Lumumba, – auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs – als Kommunisten an. Der Kongo drohte dem Einfluss des Westens zu entgleiten und stürzte ins innere Chaos. Während Lumumba die Einheit des Landes zu bewahren versuchte, spaltete sich sein Widersacher Tschombe mit der rohstoffreichen Provinz Katanga ab. Kasavubu entließ Lumumba, Lumumba setzte Kasavubu ab. Schließlich putschte sich der Armeeoberst Mobutu an die Macht, ließ Lumumba festnehmen und lieferte ihn an Tschombe aus.

""Er selbst hat den Mord nicht verübt, sondern Tschombe war der Handlanger Belgiens und der USA. Sie haben die Strippen im Hintergrund gezogen","

sagt Antoine Lumenganeso, der Leiter des kongolesischen Staatsarchivs.

Ehemalige Mitarbeiter der CIA und des belgischen Geheimdienstes bestätigen das Jahrzehnte später: Am 17. Januar 1961 wird Lumumba von Katanga-Soldaten unter belgischem Kommando erschossen. Um Spuren zu verwischen, zerstückeln sie seine Leiche und lösen sie in Salzsäure auf. Patrice Lumumba wird zum politischen Mythos. Letzte Bilder zeigen ihn, wie er gezwungen wird, das Manuskript seiner berühmten Rede zu essen.