Surfen auf dem Heimweg

Von Tobias Wenzel · 17.08.2011
Seit Februar kann man bei der Lufthansa per Bezahlung auch über den Wolken im Internet surfen. Auf Flügen US-amerikanischer Gesellschaften geht das schon seit 2010. Doch nicht nur in Flugzeugen hält das Web Einzug - auch Busse der Stadt Madrid bieten kabelloses Internet an.
Ein Bus in Madrid. Ein gewöhnlicher Bus, könnte man denken. Denn was er kann, sieht man ihm nicht an. Dieser und die Mehrzahl der 2200 Busse der Stadt Madrid bieten kabelloses Internet an. Kostenlos.

"Das wusste ich gar nicht. Im Prinzip ist das eine gute Idee: Ein neues Kommunikationsmedium, während man unterwegs ist."

Direkt hinter einer Bushaltestelle Madrids hat die Firma Gowex ihren Sitz. Sie betreibt das drahtlose Internetnetzwerk seit Herbst 2010 im Auftrag und auf Kosten der städtischen Busgesellschaft EMT. Das Netz sei im Allgemeinen sehr stabil und schnell, erzählt David Villafruela, Pressesprecher von Gowex:

"Es können Probleme auftauchen hinsichtlich der Geschwindigkeit des Netzes, wenn sehr viele Menschen im Bus gleichzeitig darauf zugreifen. Wir haben das Problem so gelöst, dass wir den Zugriff auf gewisse Seiten, die zu große Datenströme verursachen, sperren. Man kann zum Beispiel keine Youtube-Videos ansehen. Damit alle Nutzer auf das Internet zugreifen können, müssen wir einfach einige Inhalte sperren."

Auch sind pornographische und Gewalt verherrlichende Seiten gesperrt. Schließlich könnte ja ein Kind im Bus neben einem surfenden Erwachsenen sitzen und rüberschauen auf den Bildschirm des Notebooks. Oder des iPhones. Denn vor allem junge Leute gehen ins Internet, und das meist mit ihren Smartphones. Sofern sie überhaupt von dem kostenlosen Angebot wissen. Student António Sánchez-Bayón hat noch nie davon gehört:

"Das gibt's hier? Wusste ich nicht! Aber darauf wird ja auch nicht in den Bussen hingewiesen!"

Von außen sieht man es einem Bus noch nicht an, ob er zu jenen Bussen gehört, die mit einem 3G-Router ausgestattet sind, der das Mobilfunksignal für ein Drahtlosnetzwerk umwandelt. Aber im Innern der entsprechenden Busse weist ein Aufkleber darauf hin. Im Frühling sollen dann alle Busse der Stadt Madrid kostenloses Internet bieten und solche Aufkleber haben.

"Ehrlich gesagt surfe ich gerade einfach nur so, lese ein paar Artikel, spiele ein paar Spiele: Alles Mögliche, damit der fünfstündige Flug schneller vorbei geht."

Mark Cenit fliegt von Los Angeles nach New York mit Delta Airlines. Diese und alle anderen großen US-amerikanischen Linien haben seit 2010 damit begonnen, ihre Flugzeuge internettauglich zu machen. Mittlerweile gibt es in den USA über 1000 Maschinen, in denen man kabellos surfen kann. So wie Mark Cenit auf seinem Flug von Los Angeles nach New York:

"Irgendwann soll ich hier vielleicht meine E-Mails checken und im Flugzeug arbeiten. Ich bin mir nicht so sicher, ob ich das wirklich will."

Aber zum Zeitvertreib ins Internet, ganz privat, das gefällt ihm, zumal die Fluggesellschaft an diesem Tag in einer Sonderaktion kostenloses Surfen anbietet. Anders sieht es beim Flug von Dallas ins mexikanische Monterrey mit American Airlines aus. Eine Passagierin blickt erstaunt auf die Wifi-Aufkleber an den Handgepäckverschlägen und dann auf ihr aufgeklapptes Notebook:

"Vorher habe ich das noch nie gesehen. Das ist jetzt das erste Mal. Ich finde das toll. Aber es kostet etwas. Ich habe gerade auf der Homepage des Anbieters nachgesehen wie viel. Wenn ich jetzt auf Geschäftsreise wäre, würde ich das Internet nutzen."

Aber nur so zum Spaß fünf US-Dollar zahlen für Internet bei einem einstündigen Flug? Oder gar 40 Dollar pro Monat? Hinzu kommt, dass der Betreiber des W-LAN-Netzes, die Firma Gogo, nur den Zugang innerhalb der USA garantiert. Nach einigen Kilometern auf der mexikanischen Seite der Grenze ist dann Schluss mit dem Internet. Denn nur in den USA sind flächendeckend die Sendemasten für das kabellose Surfen in der Luft aufgebaut.

Die Empfangstechnik im Flugzeug ist im Prinzip dieselbe wie im Bus. Nur mit umgekehrter Senderichtung. Denn die Mobilfunkmasten von Gogo sind auf den Himmel ausgerichtet, nicht auf die Erde.

Wieder festen Boden unter den Füßen: an einer Bushaltestelle auf dem Campus der Universität von Madrid steht der Student Borja Cuadrado. Für ihn ist Internet im Bus fast schon zur Normalität geworden:

"Ich habe das schon ein paar Mal mit meinem Handy genutzt. Ich habe dann zum Beispiel meinen Stundenplan von der Uni eingesehen oder mich mit Studienkollegen verabredet. Was immer einen im Internet interessiert, kann man sich im Bus ansehen. Das ist schon ziemlich praktisch."

Meistens würde auf dem Hinweg zur Uni oder Arbeit oder am Nachmittag auf dem Rückweg im Bus gesurft, erzählt David Villafruela vom Internetbetreiber Gowex. Zeitungsnachrichten, die Wettervorhersage und vor allem der Besuch von sozialen Netzwerken wie Facebook, Myspace und Twitter - das interessiere die Nutzer. Aber beim Internet im Bus soll es in Madrid nicht bleiben.

"Wir möchten, dass alle Menschen, ob das nun im Bus ist, am Kiosk, in der U-Bahn oder im Umkreis privater Firmen, die vielleicht Hotspots zur Verfügung stellen, Zugang zum Netz haben, damit diese Stadt eine Wifi-Stadt wird."

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