Superstar, Sänger, Panafrikanist und Mystiker

24.10.2011
Superstar, Sänger, Panafrikanist und Mystiker - es gibt wohl kaum einen afrikanischen Musiker, über den so viele Geschichten kursieren wie über den Nigerianer Fela Anikulapo-Kuti.
Für den "Rolling Stone" war er der "gefährlichste Musiker der Welt" und für viele seiner nigerianischen Landsleute wichtiger als Gott. Gleichzeitig war Kuti aber auch ein schlimmer Macho und Sexist, der Frauen als "Matratzen" besang und der an einem Tag 27 seiner Tänzerinnen und Background- Sängerinnen heiratete.

In "Fela Kuti: This Bitch of a Life" zeichnet der Kubaner Carlos Moore ein umfassendes Bild des Ausnahmemusikers, der im Jahr 1997 an Aids starb.

Moore hat die Erstausgabe seiner autorisierten Autobiografie von 1982 noch einmal komplett überarbeitet. Es gibt jetzt ein Vorwort von Gilberto Gil und ein sehr umfangreiches Schlusskapitel, das die letzten 15 Jahre des Sängers zusammenfasst.

Aus mehreren Interviews zusammengesetzt und in Ich-Form geschrieben, liest sich die Lebensbeichte fast wie ein Shakespeare-Drama: der Aufstieg Kutis zum afrikanischen Superstar, sein Kampf mit den nigerianischen Autoritäten und schließlich sein Fall in den 90er-Jahren, als er sich tief in Geisterbeschwörung und Mystizismus verstrickt hatte und sich überall von Feinden und Agenten umgeben sah.

Bei seinem ersten Erscheinen 1982 sorgte das Buch für einen Skandal - Nicht zuletzt wegen der freizügigen Schilderungen von Kutis Sexualleben und wegen seiner frauenfeindlichen Ausfälle: Der Mann, der in seinen Songs immer wieder für die Befreiung der Unterdrückten in Afrika eintrat, empfand die Unterdrückung seiner eigenen Frauen als etwas völlig Normales.

Einen großen Raum nimmt Kutis Kampf gegen die nigerianische Militärregierung ein; die post-koloniale Gesellschaft Westafrikas war für ihn nicht besser als das südafrikanische Apartheid-Regime. Für seinen Mut und seine Unbeugsamkeit zahlte er einen hohen Preis: Immer wieder wurde sein Haus angegriffen, seine Ehefrauen wurden zusammengeschlagen und vergewaltigt. Er selbst verbrachte viele Jahre seines Lebens im Gefängnis.

Über Kutis musikalisches Schaffen, über seine Einflüsse und seine Weggefährten steht in "This Bitch of a Life" dagegen so gut wie gar nichts. Außer ein paar flüchtigen Randnotizen über Tourneen, Plattenaufnahmen und die Nächte in seinem berühmten Club "Shrine" in Lagos könnte man fast den Eindruck gewinnen, Musik habe in Fela Kutis Leben nur eine Nebenrolle gespielt – eine Art Ausgleich zu den Frauen und zur Politik.

Wenn man sich speziell für seine Rolle als Wegbereiter der afrikanischen Musik interessiert, dann sollte man sich vielleicht für eine der anderen, nicht autorisierten Biografien des Afrikaners entscheiden. Wenn man aber etwas über den Menschen Fela Kuti erfahren will, dann ist dieses Buch nach wie vor hochinteressant.

Besprochen von Carsten Beyer

Fela Kuti. This Bitch of a Life – die autorisierte Biografie von Carlos Moore
Aus dem Englischen von Andreas Simon dos Santos
Verlage Haffmans & Tolkemitt, Berlin/Zürich 2011
379 Seiten, 19,90 Euro