Sultan Süleyman vor 450 Jahren gestorben

Herrscher, Gesetzgeber und Dichter

Die Silhouette der Süleyman-Moschee in Istanbul.
Silhouette der Süleyman-Moschee in Istanbul. © dpa/picture-alliance/Felix Heyder
Von Tobias Mayer · 07.09.2016
Ein Sultan, der nicht nur gut herrschen, sondern auch dichten konnte und obendrein bei seinen Untertanen beliebt war - kein Wunder, dass Süleyman den Beinamen "der Prächtige" erhielt. Der Sultan gilt in der Türkei bis heute als großer Eroberer und tugendhafter Muslim.
1520 wurde Süleyman im Alter von 25 Jahren Sultan des Osmanischen Reiches. Der Vater hatte Ägypten und Syrien unterworfen und die Herrschaft im Osten Anatoliens bis an die Grenze Persiens erweitert. Süleyman nahm Europa ins Visier und zog zunächst auf den Balkan. 1521 eroberten die Osmanen Belgrad, 1526 besiegten sie die Ungarn bei Mohacz. 1529 stand Süleyman vor den Toren Wiens, der Hauptstadt der Habsburger.

Erfolglose Belagerung Wiens

Die Belagerung Wiens durch die Osmanen war erfolglos, doch für die europäischen Herrscherhäuser war diese Erfahrung ein traumatisches Ereignis. Die Angst vor den muslimischen Türken wurde im christlichen Abendland zu einer Jahrhunderte währenden historischen Konstante.
Süleyman I. führte als Feldherr die Kriegszüge meist persönlich an. Die Elite-Truppen der Janitscharen waren in ganz Europa gefürchtet. Die Untertanen seines Großreichs aber schätzten Süleyman den Prächtigen. Im Türkischen heißt er "Kanunî", der "Gesetzgeber".
"Er hat zum religiösen Gesetz eine weltliche Gesetzgebung hinzugefügt, die ganz bestimmte Bereiche ordnen sollte, die er vielleicht nicht vollständig und klar genug in der Scharia geregelt fand." So Petra Kappert, die 2004 verstorbene Turkologin aus Hamburg.
"Es gab einen sehr großen Anteil an christlicher und auch jüdischer Bevölkerung, die dazugekommen war. Und er als weiser Staatsmann hat erkannt: Mit der Scharia alleine war dieses Zusammenleben nicht adäquat geregelt."

Förderung von Kunsthandwerk und Literatur

Süleyman förderte Kunsthandwerk und Literatur, er dichtete sogar selbst. Der Sultan beauftragte den berühmtesten Architekten des Osmanischen Reiches, Sinan, mit dem Bau der prächtigen Süleymaniye-Moschee, sie prägt bis heute die Silhouette Istanbuls.
Der letzte Feldzug führte den Sultan nach Ungarn, sein Ziel war wohl abermals Wien. Doch am 6., nach einigen Quellen am 7. September 1566 starb Süleyman der Prächtige nach 46 Jahren Regierungszeit während der Belagerung von Szigetvár. Heute steht Süleyman in der Türkei wie kein anderer Sultan für die Blütezeit des untergegangenen Osmanischen Reiches. Daher entschied sich der Sender "Show TV", das Leben Süleymans aufwändig zu verfilmen. Im Januar 2011 lief die erste Folge der Serie "Muhteşem Yüzyıl" im türkischen Fernsehen, auf Deutsch: "Das prächtige Jahrhundert".
"Wir sind nicht mehr nur eine Regionalmacht auf dem Balkan. Wir werden den europäischen Kontinent erobern: Belgrad, Budapest, Wien, Rom. Wir werden unser Schwert in das Herz Europas, in das Herz der Ungläubigen stoßen."

TV-Epos zeichnet andere Figur des Süleyman

Sultan Süleyman gilt in der offiziellen türkischen Geschichtsschreibung als großer Eroberer und tugendhafter Muslim, nur seinen Untertanen verpflichtet. Doch das TV-Epos bediente alle Erwartungen, die das Fernsehpublikum auch in der Türkei hat: Schlachtengetümmel und Palastintrigen, leicht bekleidete Haremsdamen und Bauchtanz, dazu ein Sultan, der mehrere Konkubinen beglückt und Wein trinkt.
Islamisten demonstrierten, Fernsehprediger wetterten. Sie wollten nicht gelten lassen, dass es sich hier um fiktionales Unterhaltungsfernsehen im historischen Rahmen handelt. Im November 2012 drohte sogar Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan den Verantwortlichen der Serie mit juristischen Schritten.
"Das ist nicht der Gesetzgeber, das ist nicht Sultan Süleyman, wie wir ihn kennen. 30 Jahre seines Lebens verbrachte er auf dem Rücken seines Pferdes. Ich kritisiere öffentlich vor meinem Volk sowohl den Macher der Serie wie auch den Chef des Fernsehsenders."

Serie trotz Kritik erfolgreich

Doch das hatte damals keine Konsequenzen. Die Zuschauer jedenfalls liebten die farbenfrohe Seifenoper, die Serie lief bis 2014. Ob das heute, nur zwei Jahre später – angesichts der aktuellen Entwicklungen in der Türkei – noch möglich wäre, ist allerdings fraglich.
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