Suhrkamp-Streit: "Kommunikations-Pathologie" als Hauptproblem

Axel Honneth im Gespräch mit Gabi Wuttke · 04.01.2013
Ob beim Streit um den Suhrkamp Verlag tatsächlich ökonomische Gründe eine Rolle spielen, sei schwer zu durchschauen, sagte der Verlagsautor und Direktor des Instituts für Sozialforschung an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, Axel Honneth.
Gemeinsam mit mehr als 150 Wissenschaftsautoren und Übersetzern war Honneth mit dem Appell "Eigentum verpflichtet" an die Öffentlichkeit getreten. "Es scheint mir eher beinahe eine Art von Kommunikations-Pathologie zu sein" - und zwar auf beiden Seiten, formulierte er das Problem bei Suhrkamp im Interview.

In den vergangenen Jahren sei die Chance verpasst worden, "miteinander zu reden und sich vielleicht auf einem gütlichen Weg zu einigen". Der Rechtsweg trage nämlich das hohe Risiko, "dass am Ende solch ein Verlag zerschlagen wird", betonte Honneth. Es sei "Leichtsinn", dass man die Lösung den Rechtsanwälten oder einem Richterspruch überlasse.

Honneth appellierte eindrücklich an beide Parteien, sich vor dem nächsten Gerichtstermin gemeinsam an einen Tisch zu setzen. Dabei solle eine Person vermitteln, die "keine Vorgeschichte" mit dem Verlag habe und daher unvoreingenommen sei. Honneth hoffte, dass sich jemand findet, dem "vor allen Dingen auch das geistige Gewicht des Verlags vor Augen steht und der natürlich Kommunikationsgeschick hat".

Das müsse kein Therapeut sein, sondern "eher jemand aus dem literarisch-kulturellen Leben, der von beiden Seiten hinreichend respektiert wird". Dabei brachte er erneut Joachim Gauck als Vermittler ins Spiel. "Selbst dem Bundespräsidenten dürfte aufgrund seiner intellektuellen Vorbildung und seiner intellektuellen Interessen die Bedeutung des Verlags eigentlich bewusst sein", sagte Honneth.

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