Stromspar-Check

Damit Sie auch morgen noch warm duschen können

Plaketten aus Kunststoff mit der Aufschrift Stromspar-Check.de liegen am 04.04.2016 in Berlin zur Mitnahme bereit. Die Bundesregierung verlängert die Finanzierung der Stromspar-Beratung für einkommensschwache Haushalte.
Plaketten aus Kunststoff mit der Aufschrift Stromspar-Check.de, der Beratungsinitiative für einkommensschwache Haushalte © picture alliance / dpa / Rainer Jensen
Von Anja Nehls · 04.07.2017
Kein Geld für die Stromrechnung und zu wenig Bares, um die Wohnung zu heizen - damit es gar nicht zu solchen Fällen von Energiearmut kommt, bietet die Caritas kostenfreie Stromsparchecks für bedürftige Haushalte an. Ein Termin bei einer Vor-Ort-Beratung.
Dieter Düwel klettert in den 3. Stock eines Berliner Altbaus in Neukölln. Eine junge Frau steht ein wenig schüchtern in der Tür. Saida Bkathria ist sehr schlank und dunkelhaarig, stammt aus Tunesien und lebt hier mit ihrem 8-jährigen behinderten Sohn:
"Wir können ins Wohnzimmer gehen."
"Nein wir fangen hier an und arbeiten uns durch die Wohnung."
Dieter Düwel möchte verhindern, dass der jungen Frau der Strom abgedreht wird. Als Harz-IV-Empfängerin kann sie sich die hohen Energiekosten kaum noch leisten. Eine Nachzahlung muss sie in Raten abstottern:
"Ich verbrauche zu viel, weil ich 70 Euro monatlich zahle und muss diese Nachzahlung…"
"Hm, wie hoch ist die?"
"Letztes Jahr war 168."
"Das sind also 10 Euro im Monat Nachzahlung, das heißt, sie wären dann nicht bei 70, sondern schon bei 80, wenn Sie es so rechnen."
"Ah, ja, stimmt!"

Suche nach versteckten Stromfressern

Jetzt gilt es herauszufinden, was die hohen Stromkosten verursacht. Dieter Düwel war auch lange arbeitslos und weiß, was es bedeutet, mit wenig Geld auskommen zu müssen. Als Stromsparhelfer bei der Caritas hat er jetzt seine Aufgabe gefunden. Sofort zieht er eine Liste aus der Tasche und macht sich Notizen. Die Wohnung hat nur zwei Zimmer, pieksauber, aufgeräumte 60 Quadratmeter. Gekocht wird mit Gas, das kostet 15 Euro im Monat extra, kann also nicht für die hohe Stromrechnung verantwortlich sein. Im Wohnzimmer sieht Düwel eine Deckenlampe. Eingeschraubt sind zwei Energiesparlampen mit je 11 Watt und zwei LEDs:
"Da oben sind Kerzenleuchten mit einem kleinen Gewinde, das nennt sich E14, aber die LEDs liegen zwischen 2,5 und 4,5 Watt. Da könnte man vielleicht noch mal so 20 Prozent sparen, 25 Prozent sparen. Wenn man die alten noch drin hätte, dann könnte man sogar 80 Prozent sparen oder 90 Prozent."
LED-Lampen helfen Energie zu sparen
LED-Lampen helfen Energie zu sparen© dpa / picture alliance / Armin Weigel
Alte herkömmliche Stromfresser Glühlampen sind aber in der ganzen Wohnung nicht zu finden, also weitersuchen:
"So, wir haben einen Fernseher aber schon neuerer Baureihe. Es gibt einige Fernseher, die können Sie im Winter als Heizung einsetzen, die haben 500 Watt Verbrauch pro Stunde. Der wird bei der Größenordnung ungefähr 120 Watt haben und wir haben eine Stand-by von unter einem Watt. Also bis jetzt habe ich noch nichts Schlimmes gesehen, was großartig Strom verbrauchen könnte."
Der Kühlschrank ist zwar nicht neu, hat aber Energieeffizienzklasse A plus. Das reichlich Strom verbrauchende Tiefkühlfach ist klein. So langsam wird der Stromsparhelfer misstrauisch:
"Das Schlimmste was einem Haushalt passieren kann, dass sich der Nachbar mit auf die Kabel legt. Das passiert, ich habe schon zwei Fälle gehabt, Bohrmaschine durch, hinten da Kabel am Zähler angeklemmt."

Die Disco-Leuchte ist schon abgebaut

Aber vermutlich wären dann die Stromkosten von Saida Bkathria noch höher. Sie spart bereits wo sie kann. Eine Disco-Leuchte bei ihrem Sohn hat sie abgebaut, gewaschen wird nur ein- bis zweimal pro Woche:
"Eigentlich brauche ich nicht so viel Strom."
"Ja deswegen, ich habe ich es bis jetzt noch nicht erkennen können, wo ist der große Verbraucher. Der Schock kann ja noch kommen, Bad, Waschmaschine ist ok."
Aber dann öffnet Dieter Düwel einen Schrank und findet einen Durchlauferhitzer:
"Warmwasser kommt da aus dem? Da haben wir ihn. Da ist der Stromfresser. Der verbraucht zehnmal so viel wie ihr Wasserkocher. Pro Stunde."
Bei häufigem Baden macht sich das bemerkbar. Hier sorgt der Durchlauferhitzer mit mittlerer Temperaturstellung allerdings noch nicht mal für richtig warmes Wasser:
"Wenn ich dusche, ist es nicht richtig heiß bei mir, es ist nicht richtig warm."
"Nein, bei der Einstellung, die Sie da jetzt haben, müsste der ungefähr bei 50 Grad liegen und da sind keine 50. In dem Moment, wo sie den Wasserhahn aufdrehen, schaltet der an. Ob er Ihnen warmes Wasser bietet oder nicht, er schaltet, auch wenn bei Ihnen hier nichts Warmes ankommt, dann hat der irgendwo einen Defekt."
Der Stromsparhelfer empfiehlt, sich wegen des defekten Durchlauferhitzers an die Hausverwaltung zu wenden. Er will in vier Wochen noch mal wiederkommen und dann weitere stromsparende LED Leuchten und abschaltbare Steckdosenleisten mitbringen.
Wasser läuft aus einem Duschkopf
Der elektrische Durchlauferhitzer, der auch das Duschwasser erwärmt, scheint defekt zu sein.© dpa / Carolina Camps

Kostenlose Beratung für Bedürftige

Für Saida Bkathrina und andere bedürftige Haushalte ist das kostenlos. Die Caritas bekommt das Geld vom Bundesumweltministerium. Außerdem empfiehlt er zu einem günstigeren Stromanbieter zu wechseln. Denn wenn die Stromschulden 100 Euro überschreiten, wird der Strom umgehend abgestellt.
Erst vor kurzem ist Dieter Düwel in einem vergleichbaren Fall zu spät gekommen:
"'Ich wollte den Stromsparcheck anbieten, sagt sie. 'Ich habe den besten Stromspartarif, den man haben kann.' Sage ich: 'Wieso? Na Vattenfall hat mir den Strom abgestellt. Ich zahle gar nichts mehr.'"
"Wie kann man so leben?"
"Zum einen: Kerzen, um Licht zu haben. Ansonsten kann man sich auch mit kaltem Wasser waschen und kochen, da ist so ein Gaskocher, ein Campingkocher, da gibt es auch einen Aufsatz, den kann man als Leuchter einsetzen."
Für erwachsene gesunde Singles vielleicht noch machbar, sag der Stromsparhelfer, für Saida Bkathrina mit ihrem 8-jährigen behinderten Sohn aber unvorstellbar. Dieter Düwel will jetzt erst mal versuchen, ihre Stromrechnung deutlich zu senken:
"Meine Rechnung sieht im Moment aus, so 40, 50 Euro."
"Genau. 40, 50 Euro ist ok, besser als 70 Euro!"
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