Strom unterm Sattel und an der Radnabe

Von Thomas Wagner · 04.09.2011
Auf der weltweit größten Fahrradmesse "Eurobike" in Friedrichshafen dreht sich derzeit alles um die sogenannten E-Bikes: Fahrräder, bei denen ein kleiner Elektromotor irgendwo im Rahmen oder auf der Radnabe kräftig mithilft.
Abgesehen vom Reifenquietschen bei einer Vollbremsung, sind sie auf dem Testparcours fast lautlos unterwegs, manchmal mit Geschwindigkeiten von über 40 Stundenkilometern. Die Rede ist von den E-Bikes, den Fahrrädern mit elektrischem Hilfsmotor. Doch ein Gefährt fällt dabei sofort ins Auge:

"Wir haben hier ein Fahrrad mit Elektroantrieb im Anhänger. Der Elektroanhänger ist abkoppelbar über die Monoporto-Deichsel. Wir haben ein Schnellkopplungssystem für die Hydraulikbremse, und natürlich auch für das Elektromodul."

Wenn Roland Dardagan die jüngste Entwicklung des Braunschweiger Herstellers Ferrotec erklärt, schauen viele Besucher ungläubig auf das Gespann. Das besteht aus einem herkömmlichen Fahrrad - und aus einem Anhänger. Der schiebt von hinten kräftig mit.

"Der Motor befindet sich hinten im Anhänger, in einem Rad. Und der Batteriepack befindet sich eben auch hinten auf dem Anhänger. Und den Batteriepack mit dem gesamten Controller finden wir unter der Latte vom Transportanhänger."

"Aido" heißt der Fahrradanhänger, der mit einem eigenen Elektromotor ausgestattet ist - und der im Prinzip jedes herkömmliche Fahrrad in ein E-Bike verwandelt - in dem er mit schiebt.

"Sie brauchen kein spezielles Fahrrad. Dieser Schubanhänger ist kompatibel mit jedem Fahrrad. Sie müssen einfach nur noch ein Elektrokabel für den Gashebel, für den Trittsensor dazukaufen. Das gibt's als Nachrüst-Set. Und ein Nachrüst-Set gibt es dann auch noch für die Bremsen. Das heißt: Wenn man in einer Familie einen Anhänger hat und drei Fahrräder, kann man dann jedes Fahrrad mit diesen Einzelsets nachrüsten und dann den Anhänger an die anderen Fahrräder anhängen und durchtauschen."

Damit ist die Vision vom Transport wichtiger Einkäufe via Fahrrad ohne allzu große Anstrengungen Wirklichkeit geworden - selbst dann, wenn es bergauf geht.

"Zwei Bierkästen dürften überhaupt kein Problem sein. 40 Kilo kann man wirklich zusätzlich 'draufpacken."

Ob mit oder ohne Bierkästen im Schlepptau: Der kleine E-Motor an der Radnabe wird immer beliebter. Rund 300.000 E-Bikes sollen allein in Deutschland in diesem Jahr verkauft werden. Tendenz: Steigend - was sich auch darauf zurückführen lässt, dass die Elektromotoren fürs Fahrrad immer kleiner werden. Damit fallen sie kaum mehr ins Auge. Manchmal ist der E-Motor sogar zur Gänze unsichtbar. Der österreichische Hersteller Gruber-Antriebe hat einen zylinderförmigen Elektromotor entwickelt, der sich direkt unterm Fahrradsattel befindet: Wer ihn sucht, guckt in die Röhre. Genauer gesagt: In die Sattelröhre.

"In dieser Sattelröhre sehen sie eine Steuerung, einen Motor und ein Getriebe, das die Pedale antreibt. Das Ganze ist sehr klein gehalten. Daraus resultiert auch das sehr geringe Gewicht von 1,8 Kilogramm."

Erklärt Unternehmenssprecherin Ulrike Treichel das Prinzip jenes sogenannten "Assist-Motors", der in der Stahlröhre unterhalb des Fahrradsattels eingearbeitet ist. Er treibt über ein Zahnradgetriebe das Tretlager am unteren Ende des Sattelrohrs an, mit dem auch die Pedale verbunden sind. Mit einer Leistung von gerade mal 100 Watt ist dieser 'Assist-Motor' vor allem eine Unterstützung bei Steigungen. Doch mit Ausnahme der dezenten Stofftasche unterhalb des Sattels, in dem sich die Akkus verbunden, bleibt das elektrische Antriebssystem von außen unsichtbar. Und das ist auch so gewollt, betont Ulrike Treichel:

"Das heißt: Das Rad wirkt von außen wie ein normales Mountainbike oder Rennrad, ist immer noch ein Sportgerät."

Gleich mehrere Hersteller haben Automatikschaltungen für E-Bikes entwickelt. Vor allem der Tourenradler, der mit dem E-Bike unterwegs ist, gilt als schaltfaul - verständlich. Denn wenn es anstrengend wird, lässt sich mit einem einfachen Knopfdruck der Motor zuschalten. Nur: Die Batterie ist allzu schnell leer. Ein Automatikgetriebe, das von selbst die günstigste Übersetzung wählt, trägt zur Erhöhung der Reichweite bei. Der taiwanesische Hersteller JDTranzX hat deshalb die "Automatic Gear Transmission" auf den Markt gebracht. Ein Mini-Rechner wird von mehreren Sensoren gespeist, die unter anderem den Neigungswinkel bei Bergfahrten und die aktuelle Geschwindigkeit messen. Auf der Basis dieser Daten schaltet ein Stellmotor die jeweils günstigste Übersetzung. Frank Surmann ist Europa-Vertreter von JD TranzX:

"Es gibt viele Leute, die fahren in einem ganz schweren Gang durch die Stadt, halten an der Ampel an und fahren in diesem ganz schweren Gang wieder los. Dadurch kriegen der Motor und das ganze Antriebssystem mehr Information und müssen auch mehr unterstützen."

Schaltet das Automatik-Getriebe in einer solchen Situation von selbst in den ersten Gang, kann der Radler ohne Unterstützung durch den Motor anfahren - und die Batterie wird geschont.