Sternsingen

"Eine ganz lebendige Tradition"

Mehrere hundert Sternsinger ziehen am 29.12.2015 in Fulda (Hessen) durch die Innenstadt bei der bundesweiten Eröffnung des 58. Dreikönigssingens. In den Tagen nach Weihnachten ziehen Kinder als Könige und Sternträger verkleidet bis zum Dreikönigsfest am 6. Januar von Haus zu Haus und sammeln Geld für soziale Projekte.
Auftakt zum Dreikönigssingen 2015 in Fulda © dpa / Frank Rumpenhorst
Ronald Schelte im Gespräch mit Marianne Allweiss und André Hatting · 29.12.2015
Alle Jahre wieder ziehen sie von Haus zu Haus und sammeln milde Gaben: die Sternsinger. Was manch einer altmodisch findet, kommt bei vielen Kindern noch immer gut an. Auch Ronald Schelte will den alten Brauch nicht missen. In Berlin kümmert er sich um den Sternsinger-Nachwuchs.
"Also, ich find' es einfach cool, wenn man da etwas für die anderen Menschen macht, die etwas ärmer sind als wir - und es macht einfach Spaß, sich umzuziehen und zu singen." - "Wir gehen durch die Stadt und sammeln Spenden, also in Geschäften, in Wohnungen und überall, wo es geht."
So äußern sich kleine und etwas größere Kinder zu ihrem Auftritt als Sternsinger. Verkleidet als Caspar, Melchior und Balthasar ziehen sie in der Weihnachtszeit, also bis zum Dreikönigsfest am 6. Januar, auch diesmal wieder durch die Straßen und sammeln Spenden für wohltätige Zwecke. Der Brauch bezieht sich auf die drei Könige aus der biblischen Weihnachtsgeschichte, die nach Bethlehem reisen, um dem gerade geborenen Christuskind ihre Gaben zu bringen.
Kirchenangaben zufolge sind im vergangenen Jahr allein in Deutschland rund 330.000 Kinder als Sternsinger unterwegs gewesen - und die UNESCO hat das Sternsingen erst kürzlich zu einem immateriellen Kulturerbe erklärt. Das diesjährige Sternsingen wurde am Dienstag in Fulda offiziell eröffnet.
Sternsinger aus den Bistümern Fulda, Limburg und Mainz am 14.01.2014 in Wiesbaden (Hessen) in der Staatskanzlei beim Empfang durch den hessischen Ministerpräsidenten.
Sternsinger beim Empfang in der hessischen Staatskanzlei 2014© dpa / Frank Rumpenhorst
Kindern das Gefühl geben, etwas bewirken zu können
Auch für Ronald Schelte hat der Brauch bis heute nichts von seiner Bedeutung eingebüßt. Seit vielen Jahren betreut er in Berlin, in der der katholischen Gemeinde "Maria unter dem Kreuz", die verschiedenen Sternsinger-Gruppen:
"Das ist eine ganz lebendige Tradition, und ich finde, es passt ganz wunderbar in die Zeit heute. Es macht Kinder vertraut damit, wie andere Kinder in anderen Ländern, in armen Ländern, leben - und es gibt Kindern ein Gefühl, dass wir eine Welt sind, und nicht geteilt. Kindern macht das sehr viel Spaß, und Kinder sind sehr engagiert - und bei uns die Gruppen wachsen eigentlich von Jahr zu Jahr."
Schelte, der beruflich als Psychotherapeut arbeitet, geht davon aus, dass das Sternsingen nicht nur aus Gründen der Mildtätigkeit so beliebt ist: "Ich glaube, es gibt den Kindern Gemeinschaft, es gibt den Kindern das Gefühl, dass sie wichtig sind, dass sie etwas tun können, dass sie wirksam sind."
Schwarz angemalter Caspar ist kein Muss
Die Sternsinger würden sich sehr über die Spendenbeträge freuen, die in der Gemeinde zusammenkommen, aber sie würden sich auch darüber freuen,"in die Familien zu kommen und den Familien den Segen zu bringen, manchmal auch alleinstehenden, alten Menschen den Segen zu bringen, und man kann spüren, was es auch in den Familien für eine Freude ist." Für die Kinder sei das manchmal auch anstrengend, aber an ihrem Strahlen könne man sehen, "wie glücklich sie sind".
Selbst Flüchtlinge, die einen anderen Glauben hätten, würden sich über den Auftritt der Sternsinger freuen, sagt Schelte. In den zurückliegenden drei Jahren seien auch Kinder aus Afrika mitgelaufen und hätten dabei die Rolle des Caspar übernommen, der traditionell für den afrikanischen Kontinent stehe. Wenn sich andere Kinder schwarz anmalen wollten, könnten sie das natürlich tun, sagt Schelte, das hieße aber nicht, "dass in jeder Gruppe ein schwarzes Kind dabei sein muss." Vielen Kindern mache es allerdings "großen Spaß, sich zu verkleiden", so der Sternsinger-Experte.
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