Steigende Mieten

Wird Wohnen zum Luxus?

"Mieten runter!" steht an der Fassade eines Hauses in München.
"Mieten runter!" steht an der Fassade eines Hauses in München. © dpa / picture alliance / Andreas Gebert
Moderation: Klaus Pokatzky · 27.05.2017
Die Wohnungsmieten in den Ballungsgebieten kennen nur noch eine Richtung: steil aufwärts. In vielen Städten müssen Mieter 30 bis 50 Prozent ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben. Spaltet der Wohnungsmarkt unsere Gesellschaft? Wir diskutieren mit Vertretern von Mietern und Eigentümern.
Platz eins der Höchstmieten belegt München: Wer hier eine Wohnung sucht, muss mit einer durchschnittlichen Nettokaltmiete von über elf Euro rechnen – fast 50 Prozent mehr als im Bundesdurchschnitt von 6,54 Euro. Platz zwei: Stuttgart mit 9,76 Euro.
Ebenfalls unter den Negativ-Top-Ten: Berlin. Laut dem neuen Mitspiegel sind die Mieten in der Hauptstadt in den letzten zwei Jahren um fast zehn Prozent gestiegen – auf durchschnittlich 6,39 Euro. In angesagten Bezirken werden bei Neuvermietungen weit über zehn Euro verlangt. Jena, Rostock und Erfurt liegen bei einer Durchschnittsmiete von 6,20 Euro bis 6,40 Euro.
Die Folge: In vielen Städten müssen Mieter längst 30 bis 50 Prozent ihres verfügbaren Einkommens fürs Wohnen ausgeben.

Hauptproblem: zu wenig Wohnungen in Ballungsgebieten

"Der Wohnungsmarkt trägt immer mehr zur Spaltung der Gesellschaft bei", sagt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins e.V.
"Die Immobilieneigner werden reicher, die Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen ärmer."
Die Mietpreisbremse, der zufolge ein Eigentümer bei einer Neuvermietung höchstens zehn Prozent mehr verlangen darf als die ortsübliche Miete, greife nicht. Da keine Strafen drohten, werde sie von einem Großteil der Vermieter missachtet. Die Mieter wiederum scheuten zu oft den Konflikt.
"Wir müssen davon ausgehen, dass bei zwei Drittel aller Wiedervermietungen Mieten oberhalb der Mietpreisbremse gefordert und auch gezahlt werden."
Der Mieterverein fordert daher eine deutliche Verschärfung der Mietpreisbremse. Das Hauptproblem sei jedoch, dass es zu wenig Wohnungen in Ballungsgebieten gebe. Der Staat habe zu viele Sozialwohnungen abgestoßen, es werde zu wenig im bezahlbaren Segment gebaut. Beispiel Berlin: Von den insgesamt 12.000 bezugsfertigen Wohnungen im Jahr 2016 seien nur 120 Sozialwohnungen gewesen; der Rest seien teure Miet- oder Eigentumswohnungen.
Sein Fazit: "Die Tatenlosigkeit der Bundesregierung schadet den wohnungssuchenden Mietern jeden Tag."

Eigentümerverband hält die Mietpreisbremse für verfassungswidrig

"Der Staat ist Kostentreiber Nummer eins", sagt Gerold Happ, Mitglied der Geschäftsführung des Eigentümerverbandes "Haus & Grund Deutschland e.V.". Nicht Profitgier der Vermieter treibe die Mieten in die Höhe; die Eigentümer bekämen immer mehr Kosten aufgebürdet. Schon beim Kauf einer Immobilie lange der Fiskus zu, hinzu kämen kostspielige Modernisierungsanforderungen durch den Klimaschutz.
"Die Modernisierung treibt im Bestand die Mieten hoch. Im Neubau sind es der Brand- und Schallschutz, erhöhte Kosten bei den Grundstückspreisen, bei der Grunderwerbssteuer, Gebühren. Ich habe als Investor sehr hohe Kosten, damit ich das Gebäude erhalten kann. Und die Kosten muss ich wieder reinholen. Und je teurer das Bauen, umso teurer das Wohnen."
Der Eigentümerverband hält die Mietpreisbremse für verfassungswidrig; sie sei ein unverhältnismäßig schwerer Eingriff in die Eigentumsgarantie.
"Sie ist auch überhaupt nicht geeignet, das Problem zu lösen. Wenn die Mieten zu hoch sind, muss man dafür sorgen, dass sie niedriger werden – und das schafft man nur durch mehr Wohnungen und indem man andere Stadtteile attraktiv macht. Wer profitiert denn von der Bremse? Nicht die sozial Schwachen, sondern die Mieter, die über mehr Geld verfügen und sich mehr Wohnraum leisten können."

Steigende Mieten – Wird Wohnen zum Luxus?
Darüber diskutiert Klaus Pokatzky am Samstag, den 27. Mai von 9.05 bis 11 Uhr mit Gerold Happ und Reiner Wild. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 2254 2254, per E-Mail unter gespraech@deutschlandradiokultur.de – sowie auf Facebook und Twitter.

Mehr zum Thema