Sport und Dialyse

Die Kinder der "Renn-Niere"

Die ambulante Dialyse-Station des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) - 02.09.2016 - Hamburg.
Von der Zeit- und Energie raubenden Dialyse lassen sich die "Renn-Nieren" nicht abhalten. © imago stock&people
Von Gerd Michalek · 30.04.2017
Dreimal pro Woche müssen sie zur Dialyse. Das raubt ihnen zwar Zeit und Energie fürs Training, dennoch schlagen sich die nierenkranken Kinder vom Verein "Renn-Niere" in Sportwettbewerben wacker. Mitmachen ist für sie Ehrensache.
David macht beim Staffelmarathon mit: Der 13-jährige läuft genau einen von insgesamt 42 Kilometern. Die ganze Strecke wird aufgeteilt auf drei nierenkranke und 32 gesunde Kinder, die meist drei oder vier Kilometer übernehmen. "Ich bin selbst auch nierenkrank, und mache das jetzt, weil ich weiß, dass dies ein guter Zweck ist, und mir und anderen Kindern hilft", sagt er. Mitmachen ist Ehrensache! Andere nennen andere Gründe für die Teilnahme:
"Ich mache das, weil es für einen guten Zweck ist. Die Spenden, die eingesammelt werden, sind für nierenkranke Kinder. So sieht man auch, dass gesunde und kranke Kinder zusammenlaufen."
"Ich heiße Felix und ich laufe mit und mag es kranken Kindern zu helfen! Weil: Die können nicht viel machen, und dann hilft man denen wenigstens, dass sie etwas machen können."

Wegen Dialyse keine Zeit zum Training

Nun folgt ein spannender Moment für die 35 Staffel-Kids im rotweißen "Renn-Nieren"-Trikot. Sie nähern sich gemeinsam dem Zielstrich beim Bonn-Marathon: Eine große Bühne für die Kinder! Mit ihnen ist Bernd Hoppe gelaufen. Der Professor für Nephrologie hat die volle Distanz geschafft. Doch sein Respekt gilt vor allem den nierenkranken Teilnehmern. Was sie wohl antreibt?
"Einfach mithalten, mitmachen und zeigen, dass man es auch kann. Dass die anderen nicht unbedingt schneller sind, mit gesunden Kindern spielen, integriert sein und einfach an Wettbewerben teilnehmen können."
Nahaufnahme von den Füßen von Joggern.
Laufen trotz Dialyse.© imago
Weil viele nierenkranke Kinder dreimal die Woche zur Dialyse müssen, fehlt ihnen ausreichend Zeit und Energie, um Sport zu treiben. Eine Blutwäsche ist sehr aufwändig und bedeutet mehr als vier Stunden an einer Maschine zu hängen, betont Christiane Wicht-Stiber, Vorsitzende des Vereins "Renn-Niere".
"Das kann man nicht in jeder Klinik. Bundesweit gibt es 14 oder 15 Kinderdialysen, die das machen. Das bedeutet für Kinder, wenn sie nicht gerade in der Stadt wohnen, wo es eine gibt, dass sie oft sehr weite Wege haben, manchmal 150 bis zu 200 Kilometer fahren müssen, wenn Wohnort zur Klinik ungünstig. Das heißt für ein Kind, dass es an drei Tagen der Woche ohnehin keine Zeit hätte für seine Freunde!"

Es fehlen rote Blutkörperchen

Der 13-jährige David hat es etwas einfacher. Statt in eine Klinik zu fahren, macht er zu Hause eine sogenannte Bauchfell-Dialyse: "Ich mache das zuhause, das ist praktischer auch wegen der Schule. Während ich schlafe, geht dann alles automatisch ab. Während ich schlafe, wird dann alles gereinigt, damit sich die Werte bessern und die Niere funktioniert – per Schlauchsystem."
Wer kranke Nieren hat, dem fehlen die für die Fitness wichtigen roten Blutkörperchen. Deswegen muss man gegensteuern, erklärt Professor Bernd Hoppe.
"Rote Blutkörperchen - die Bildung findet nicht in der Niere statt, aber die Niere produziert ein Blutkörperchen bildendes Hormon, und das ist bei den Kindern natürlich nicht da. Aber sie werden dann gedopt, wenn man so will, wie die Radsportler früher mit EPO. So dass wir uns schon bemühen, dass die roten Blutkörperchen da sind wo sie bei den Gesunden wären auch sind - oder etwas darunter."

"Ihr könnt das auch!"

Nierenkranke Kinder müssen also ständig ärztlich betreut werden. Was allerdings nicht heißt, sie könnten per se nicht am Schul- oder Vereinssport teilnehmen. Da gibt es nach Meinung der Experten noch einigen Nachholbedarf:
"Wenige Vereine sind offen und sagen: 'Wir schaffen das zu integrieren.' Man muss sicherlich ein wenig Rücksicht nehmen medizinischer Art. Es besteht auch immer die Sorge, dass ein Kind einen Shunt hat, also eine Verbindung, in der man eine Dialysenadel platzieren kann, könnte sich verletzen."
"In der Schule ist es so, glaube ich, dass die Lehrer einfach zu vorsichtig sind mit den Kindern. Ich sage: 'Macht doch, macht einfach mit. Ihr könnt das auch.' Ich sage das auch den Lehrern, dass sie das können. Die laufen ja hier auch mit. Der Lehrer ist so ausgebildet, zu merken, wenn das Kind nicht kann, aber wenn er es mitmachen lässt, motiviert er das kranke Kind auch teilzunehmen."

Hören Sie in "Nachspiel" zum Thema auch das Interview mit Gudrun Manuwald-Seemüller,Vorsitzende von TransDia.

Audio Player

Mehr zum Thema