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Frankreichs Newcomer zwischen Jazz und Hip-Hop

Ein Mikrofon liegt am 28.10.2013 auf einem Podest in einer Ausstellung in München (Bayern). Foto: Inga Kjer/dpa
MC Mattic schickt seine Raps per Datentransfer aus Le Havre zu den anderen Bandmitgliedern von Empire Of Sound nach Paris. © picture alliance / dpa
Von Martin Risel · 14.08.2015
An der Schnittstelle von Jazz und Hip-Hop: Empire Of Sound agieren dort so talentiert, wie lange keine andere Band in Europa. Jetzt erscheint ihr Debütalbum mit dem programmatischen Titel "Out Of The Norm".
Klingt nach einer anderen Zeit oder Hemisphäre, was Empire Of Sound da aus verschiedenen Kontinenten und musikalischen Wurzeln zusammen mischen. Eine französische Jazzband und ein US-amerikanischer Rapper. MC Mattic nennt er sich.
"Ich bin wohl der Älteste in der Band und stamme aus dieser goldenen Hip-Hop-Zeit vor gut 20 Jahren. Unser Komponist Juke ist sehr von diesem Soul-Jazz beeinflusst. Und bei allem Touren mit diesen und anderen Musikern hab ich in Europa keine richtige Hip-Hop-Band mit einem amerikanischen MC gesehen. Also der Albumtitel 'Out Of The Norm' kommt daher, dass wir etwas machen, was jetzt außerhalb der Norm ist."
Die Norm im Hip-Hop klingt konform: Technische Spielereien und Sample-Orgien im US-dominierten Business, lustiger Gutelaune-Rap oder Pseudo-Gangsta-Gehabe in Deutschland. Vieles erscheint degeneriert, weil weit entfernt von seinen Ursprüngen als ur-schwarzes Genre. In der Öffnung zum Jazz klingt das bei Empire Of Sound jetzt wieder wesentlich spannender.
Von North Carolina nach Le Havre
Zu den Höhepunkten dieses feinen Albums gehören solche bläsergetriebenen Kompositionen, in denen sich der MC dann auch mal – Hip-Hop-untypisch – komplett zurückziehen kann. Obwohl dieser MC Mattic eine ganze Menge zu sagen hat. Im Song "Break away" zum Beispiel geht es um seine eigene Geschichte, wie er vor acht Jahren von North Carolina nach Le Havre gezogen ist. Aus Liebe zu einer Cellistin:
"Manchmal muss man seine Umgebung verlassen – so wie ich zum Beispiel, um im Ausland zu leben. Oder es ist wie beim Meditieren. Da wird alles um dich herum leer und weiß. Und wenn dir irgendwelche Gedanken oder Wolken in den Kopf kommen, lässt du sie einfach wieder davon ziehen."
MC Mattic ist ein ziemlich reflektierter Rapper. Eigentlich heißt er Daryl Parks – genau wie der Anwalt, der die Familie des in Ferguson erschossenen Schwarzen vertritt. Diese Vorgänge in den USA haben ihn bei seinem Besuch dort gerade wieder sehr berührt. Aber er hat seine eigene Meinung zu Fragen von Rassen und Religionen:
"Ich hab sieben Jahre in einem muslimischen Buchladen gearbeitet, aber ich bin nicht der Typ, der sich an eine bestimmte Religion bindet. Wenn du zu Allah beten willst, zu Jesus, Buddha oder anderen – wenn das für dich passt, solltest du es tun. Und ich glaube, wenn Du Veränderung willst, musst du selbst diese Veränderung sein. "
Ein Genre mit Tradition
Es ist nicht unbedingt revolutionär neu, was Empire Of Sound da hervorbringen. In den USA hat jazziger Hip-Hop hat eine lange Tradition, die gerade wieder auflebt. In Europa hat es allerdings lange nicht eine so starke Band an dieser Schnittstelle gegeben. Denn "Out Of The Norm" ist ein grandioses Debütalbum mit vielen ausgereiften Kompositionen. Was dabei kaum zu hören ist: Die Songs sind bisher fast ausschließlich per Datentransfer entstanden – vom Pariser Studio der Band um Komponist und Keyboarder Julien "Juke" Grenier zum Heim-Studio von MC Mattic im nordfranzösischen Le Havre.
"Ich bin sicher, das zweite Album werden wir als richtiges Komponisten-Duo machen – mit gemeinsamen Aufnahmen. Dieses erste Album zeigt nur, wozu wir fähig, das nächste dann, wer wir wirklich sind."
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