Soldat bei der Bundeswehr

Kein Job wie jeder andere

Von Rolf Clement · 28.04.2015
Die Bundeswehr hat ein Problem: Bei den freiwillig Wehrdienstleistenden liegt die Abbrecherquote bei über 20 Prozent. Allerdings sei das nur wenig mehr als bei Azubis in anderen Berufen, heißt es. Die Gründe für das Ausscheiden sind ganz unterschiedlich.
Es kam Hektik auf: Als auf einer Tagung im vergangenen Sommer die Meldung die Runde machte, dass die Zahl derer, die aus dem gerade erst begonnenen freiwilligen Wehrdienst bei der Bundeswehr ausschieden, auf über 50 Prozent gestiegen sei, liefen die Telefone derer heiß, die im Personalbereich der Bundeswehr beschäftigt waren. Es wurde Entwarnung gegeben. Später stellte sich heraus, dass diese Zahl nur für eine Einheit der Bundeswehr zutraf, eine mit besonders harter Ausbildung, zu dieser Zeit auch mit einer wenig einfühlsamen Führung.
Seit der Aussetzung, praktisch: der Abschaffung der Allgemeinen Wehrpflicht 2011 muss die Bundeswehr um jeden einzelnen jungen Menschen werben, den sie braucht. Sie muss sich gegen Konkurrenz durchsetzen und wirbt unter anderem mit einem recht guten Anfangsgehalt, mit einer Vielzahl von Berufen, die man bei der Bundeswehr lernen kann und mit einer Betreuung, einem Hinsteuern auf die Jobs, die der Soldat oder die Soldatin gerne haben möchte. Bei der Luftwaffe ist Hauptmann Frank Brink einer, der diese Steuerfunktion hat:
Ich informiere ihn über die Karrieremöglichkeiten in der Bundeswehr und zeige ihnen auch Karriereoptionen auf und bringe ihn als freiwillig Wehrdienstleistender idealerweise an diesen Standort, wo diese Karrieremöglichkeit besteht.
Geordnetes Verfahren für den Ausstieg
Aber nun kann auch bei der Bundeswehr jeder, der nicht mehr möchte, einfach gehen. Natürlich muss er sich abmelden, da gibt es ein geordnetes Verfahren, aber der Ausstieg geht schnell:
Der Ausstieg läuft recht unproblematisch ab in beiderseitigem Sinne, das heißt: nach der Willensäußerung zur Beendigung des Dienstes durch den freiwillig Wehrdienstleistenden wird dieser regelmäßig am selben Tag noch zu seinem Heimatwohnort in Marsch gesetzt.
Wer geht, ist weg, auch aus den Akten. Die Bundeswehr kennt ihre Kurzzeitmitarbeiter nicht mehr – Datenschutz. Nur Kameraden können noch Kontakte haben. Aber sprechen möchte von den Aussteigern keiner mehr. Die Gründe für den schnellen Abschied erfährt Frank Brink also allenfalls aus inoffiziellen Gesprächen:
In der Regel sind es private Gründe, aber auch berufliche Optionen, die sich neben der Bundeswehr aufgezeigt haben, die der freiwillig Wehrdienstleistende dann in Anspruch nehmen möchte.
Aber nicht nur das. Gerade die ersten drei Monate sind die härtesten im Dienst der Bundeswehr. Der Soldat kommt aus den recht behüteten Verhältnissen zu Hause, muss in eine Mehrbett-Bude einziehen, der Dienst während dieser Grundausbildung ist hart, formale Anforderungen werden gestellt. Das ist nicht jedermanns Sache. Frank Brink:
Es gibt durchaus Fälle, die sich selbst körperlich überfordert fühlen. Natürlich ist es in der Bundeswehr so, dass in der Grundausbildung die körperliche Anforderung relativ hoch ist. Diese muss gemeistert werden – und sehr viele fühlen sich dann sehr schnell überfordert und zeigen dies auch an und sagen, hier würde ich nicht gerne weiter machen.
Private Sicherheitsdienste machen der Bundeswehr Konkurrenz
Manch einer hat sich nicht nur bei der Bundeswehr beworben, sondern auch bei zivilen Arbeitgebern. Und da sind die Sicherheitskräfte in Deutschland plötzliche Konkurrenten:
Die Bundeswehr steht natürlich mit sehr vielen beruflichen Feldern in Konkurrenz. Zu nennen wären da genauso uniformierte Bereiche wie die Bundeswehr, zu nennen wäre die Polizei, der Zoll, aber auch jegliche andere zivile Betriebszweige in der zivilen Wirtschaft.
Aber auch der Betrieb direkt nebenan kann locken, wenn er schnell einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz bereitstellt. Weniger sind es die Familienangehörigen und Freunde, die für einen Ausstieg plädieren. Das Umfeld ist meistens recht stabil. Die Quote, die sich in den letzten Jahren stabilisiert hat, beziffert Hauptmann Frank Brink:
Also in unserem Bereich, im Bereich Luftwaffe, liegt die Quote der vorzeitigen Beendigung während der ersten sechs Monate im Durchschnitt etwa bei 20 Prozent.
Und damit, so beruhigt sich die Bundeswehr, liegt sie im Schnitt nahezu aller Arbeitgeber. Da ist sie ganz normal geworden, jetzt, ohne die Wehrpflicht.
Mehr zum Thema