"So vorbehaltlos wie möglich aufklären"

Klaus Ramm im Gespräch mit Ulrike Timm · 30.12.2010
Die Erschütterung war groß, als bekannt wurde, dass Oskar Pastior informeller Mitarbeiter der Staatssicherheit Securitate war. Klaus Ramm ist Vorsitzender der Oskar-Pastior-Stiftung und begibt sich nun auf die Suche nach der Wahrheit.
Auszug aus dem Gespräch mit Klaus Ramm:

Ulrike Timm: Herr Ramm, sind Sie immer noch selbst dabei, neu für sich zu sortieren, wer Oskar Pastior eigentlich war?

Klaus Ramm: Ja, sortieren lassen sich die Gefühle eigentlich immer noch nicht, die sind immer noch im Unfrieden miteinander, die ziehen einen immer wieder in unterschiedliche und auch widerstreitende Richtungen. Es ist natürlich das Erschrecken und die tiefe Enttäuschung, dass er die Verpflichtungserklärung unterschrieben hat und dass es jetzt auch einige Berichte von ihm gibt, und es ist, ja, so was wie Wut und Trauer, dass ihm auch diese Selbsterniedrigung nicht erspart geblieben ist nach den vielen Beschädigungen und Erniedrigungen, die er in der Deportation erfahren musste. Aber Entschuldigung, ich werde schon ganz privat, das will ich eigentlich nicht.

Timm: Es ist ja auch eine Schwierigkeit in dieser ganzen Debatte, dass man nicht wirklich weiß, was man eigentlich weiß. Mit letzter Gewissheit kann man die Einzelheiten des Falls wahrscheinlich nie in Gänze klären. Kann man sagen, dass der rumänische Geheimdienst immer noch Macht hat, und sei es, weil wir darüber so ausführlich sprechen müssen?

Ramm: Das ist ganz eindeutig so, der gewinnt wieder eine Macht, vor der sich Pastior auch insgesamt gefürchtet hat. Er war ja auch ständig bespitzelt worden und es gibt auch Aussagen von ihm, dass er nicht möchte, dass sozusagen nachträglich der Geheimdienst noch mal wieder seine ganze Macht entfaltet. Und von den Akten her ist es eben deshalb auch sehr schwierig, weil sich in Oskar Pastiors Täterakte überhaupt keine Berichte finden, die Berichte finden sich immer woanders, bei denen, die von ihm bespitzelt worden sind. Und da haben wir überhaupt erst drei Berichte.

Und dann gibt es noch eine grobe Anschuldigung von Dieter Schlesak, dass er einen Autor namens Hoprich in den Tod getrieben haben soll, aber die hat Schlesak auch aufgrund der unsicheren Datenlage inzwischen ganz deutlich widerrufen. Das hört man leider nie, das wird bis heute, bis heute Morgen sogar, kolportiert, er hätte das getan, Pastior. Aber Schlesak sagt deutlich, er will Pastior mit diesem Fall nicht belasten und will ihm keinesfalls die Mitschuld an diesem Fall geben. Und dann kommt die übliche Erklärung - falls es Missverständnisse gegeben habe, entschuldige er sich. Das ist ein Beispiel darüber, wie schwierig die Geschichte selbst für diejenigen ist, die auch selber Opfer sind.

(...)

Sie können das vollständige Gespräch mit Klaus Ramm mindestens bis zum 30.5.2011 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.
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