Simultanübersetzung

Digitale Dolmetscher statt langer Recherche

Eine Person - man sieht nur die Hand - trägt einen Karton mit einem Stapel Deutsch-Polnischer Wörterbucher
Es gibt ein Wirrwarr aus 6000 Sprachen. © picture-alliance / ZB / Jens Büttner
Von Dirk Asendorpf · 16.04.2015
Was einst nur in der Science Fiction möglich war, soll jetzt Wirklichkeit werden: Kleine Computer, die problemlos zwischen den über 6000 Sprachen der Welt dolmetschen können. Google und Microsoft bieten dazu erste Testversionen.
Mann: "Good afternoon, Melanie, how are you?"
Computerstimme: "Aber nach Neuen, Melanie, wie geht es Dir?"
Dumm gelaufen. Ausgerechnet bei der ersten großen Präsentation des groß angekündigten Übersetzungsprogramms scheiterte die Technik schon an der simplen Begrüßungsformel.
Frau: "Mir geht es gut, wie geht es Dir?"
Computerstimme: "Well, how is it me friends?"
Computerübersetzungen gibt es seit vielen Jahren, oft klingen sie befremdlich, verschaffen einem aber doch einen groben Eindruck des Inhalts fremdsprachiger Texte. Je nüchterner und fachlichsprachlicher sie sind, desto besser klappt das bereits. Jetzt wagen sich Google und Microsoft an die ungleich schwerere Aufgabe, mündliche Alltagskommunikation in Echtzeit zu übersetzen.
Drei Schritte muss ein Simultandolmetscher – egal ob Mensch oder Maschine – beherrschen: Spracherkennung, Übersetzung, Sprachausgabe. Schon mit dem ersten tun sich Computer schwer.
"Wenn Sie Spontansprache haben, wenn mehrere Leute zur selben Zeit sprechen, wenn Sie Echo im Raum haben – all das erschwert die Spracherkennung so enorm, da ist die Hälfte falsch."
Wichtig ist der Sinn bei einer Übersetzung
Der Informatiker Alex Waibel arbeitet seit über 25 Jahren in Deutschland und den USA an Übersetzungsprogrammen. Mit seinem Team hat er 2009 die Jibbigo-App für das iPhone entwickelt, die erste Übersetzungs-App überhaupt. Es wundert ihn nicht, dass Microsoft die im Dezember veröffentlichte Testversion für seinen Video-Telefondienst Skype mit der Sprachkombination Englisch-Spanisch ausgestattet hat. Deutsch-Englisch soll erst in diesem Jahr folgen. Das werde noch komplizierter, erklärt Waibel in seiner Vorlesung am Karlsruher Institut für Technologie, vor allem aufgrund der vielen zusammengesetzten Hauptworte und der deutschen Unart, einen Teil des Verbs bis zum Ende des Satzes zurückzuhalten.
"Ich melde mich zu der Konferenz, die nächste Woche in Kalifornien stattfinden wird – und dann kommt irgendwann "an" oder "ab", fünf Minuten später. Und das verändert die Bedeutung des Satzes dann natürlich komplett. Da drehen Sie durch. Da drehen übrigens auch menschliche Übersetzer durch. Und was die dann machen ist: die raten mal und sagen's dann einfach so und wenn sie dann falsch sind, dann müssen sie es hinterher korrigieren. Aber unsere Maschinen haben da keinen Dunst, und dann kommt halt auch teilweise Unverständliches raus."
Weltweit lebt eine halbe Million professioneller Übersetzer vom Kampf gegen die babylonische Sprachenvielfalt. Das wird vorerst auch so bleiben. Denn sprachliche Feinheiten kann nur korrekt übersetzen, wer ihren Sinn versteht – und das werden die Computerprogramme auf absehbare Zeit nicht. Wohl aber könnten sie bald für eine rudimentäre Kommunikation zwischen Menschen sorgen, die sich ansonsten überhaupt nicht verstehen würden. Bei der Präsentation des Skype-Translators klappte das schon – wenn auch erst im zweiten Anlauf.
Mann: "Melanie, say that again."
Computer: "Melanie, sag das nochmal."
Frau: "Mir geht es gut, wie geht es Dir?"
Computer: "I'm well, how are you doing?"
Mehr zum Thema